Ein grauer Schleier ruht über allem, das im Zusammenhange mit Luzifer steht. Es ist, als ob alles zurückschreckt, den Zipfel dieses Schleiers zu lüften.
Das Zurückschrecken ist in Wirklichkeit nur das Unvermögen, einzudringen in das Reich des Dunkels. Das Nichtkönnen aber liegt wiederum ganz einfach in der Natur der Sache, weil auch hier der Menschengeist nicht so weit einzudringen vermag, sondern ihm in seiner Beschaffenheit eine Grenze gesetzt ist. Ebensowenig wie er bis zur höchsten Höhe gehen kann, so vermag er auch nicht bis zur tiefsten Tiefe zu dringen, wird es auch nie vermögen.
So schuf die Phantasie Ersatz für das Fehlende, Wesen in mancherlei Gestalt. Man spricht vom Teufel in den abenteuerlichsten Formen, von dem gefallenen und ausgestoßenen Erzengel, von der Verkörperung des bösen Prinzips, und was sonst noch mehr ist. Von dem eigentlichen Wesen Luzifers versteht man nichts, trotzdem der Menschengeist von ihm getroffen und dadurch oft mitten hineingewirbelt wird in einen gewaltigen Zwiespalt, den man mit Kampf bezeichnen kann.
Diejenigen, die von einem gefallenen Erzengel sprechen, und auch die, die von der Verkörperung des bösen Prinzips reden, kommen der Tatsache am nächsten. Nur ist auch hierbei eine falsche Einstellung, die allem ein unrichtiges Bild verleiht. Eine Verkörperung des bösen Prinzips läßt den höchsten Gipfel, das Endziel, das Lebendiger-Körper-Gewordene alles Bösen denken, also die Krönung, den vollkommenen Schluß.
Luzifer aber ist umgekehrt der Ursprung des falschen Prinzips, der Ausgangspunkt und die treibende Kraft. Man sollte es auch nicht das böse Prinzip nennen, das er bewirkt, sondern das falsche Prinzip. Das Wirkungsgebiet dieses unrichtigen Prinzips ist die stoffliche Schöpfung.
In der Stofflichkeit allein treffen die Wirkungen des Lichten und die Wirkungen des Dunkeln, also die beiden entgegengesetzten Prinzipien, zusammen und wirken darin dauernd auf die Menschenseele ein, während diese die Stofflichkeit zu ihrer Entwicklung durchläuft. Welchem sich nun die Menschenseele nach eigenem Wunsche mehr hingibt, ist ausschlaggebend für ihr Emporsteigen zum Licht oder Abwärtsstreben zum Dunkel.
Die Kluft ist gewaltig, die zwischen dem Licht und dem Dunkel liegt. Sie wird ausgefüllt von dem Schöpfungswerke der Stofflichkeit, die der Vergänglichkeit der Formen, also der Zersetzung der jeweiligen bestehenden Formen und Wiederneubildung unterworfen ist.
Da ein Kreislauf nach den Gesetzen, die der Wille Gottvaters in die Schöpfung legt, nur dann als vollendet und erfüllt gelten kann, wenn er an seinem Ende zu dem Ursprung zurückkehrt, so kann auch der Lauf eines Menschengeistes nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn er in das Geistige zurückkehrt, weil sein Samenkorn von diesem ausgegangen ist.
Läßt er sich abtreiben, dem Dunkel zu, so läuft er Gefahr, über den äußersten Kreis seines normalen Laufes nach der Tiefe zu hinausgezogen zu werden und sich dann nicht mehr zurückzufinden zum Aufstiege. Er vermag aber auch nicht, aus dem dichtesten und tiefsten feinstofflichen Dunkel noch tiefer über dessen äußerste Grenze hinauszutreten aus der Stofflichkeit, wie er es nach oben zu in das Reich des Geistig-Wesenhaften tun könnte, weil dies sein Ausgangspunkt ist, und wird deshalb in dem gewaltigen Kreislaufe der stofflichen Schöpfung dauernd mit fortgezogen bis zuletzt mit in die Zersetzung hinein, weil ihn sein feinstofflich-dunkles, deshalb dichtes und schweres Gewand, oder auch jenseitiger Körper genannt, niederhält.
Die Zersetzung löst dann seine in dem Laufe durch die Schöpfung gewonnene geistige Persönlichkeit als solche mit auf, so daß er den geistigen Tod erleidet und in geistigen Ursamen zerstäubt wird.
Luzifer selbst steht außerhalb der stofflichen Schöpfung, wird also nicht mit in die Zersetzung hineingerissen, wie es den Opfern seines Prinzips ergeht; denn Luzifer ist ewig. Er stammt aus einem Teile des Göttlich-Wesenhaften. Der Zwiespalt setzte nach dem Beginn der Entstehung alles Stofflichen ein. Ausgesandt, das Geistig-Wesenhafte in dem Stofflichen zu stützen und in der Entwicklung zu fördern, erfüllte er diesen seinen Auftrag nicht in dem Sinne des schöpferischen Willens Gottvaters, sondern er wählte andere als die ihm durch diesen Schöpfungswillen vorgezeichneten Wege, aus einem Wollen heraus, das ihm bei seinem Wirken in der Stofflichkeit kam.
Die ihm gegebene Kraft mißbrauchend, führte er unter anderem das Prinzip der Versuchungen ein, an Stelle des Prinzips stützender Hilfe, die gleichbedeutend mit dienender Liebe ist. Dienende Liebe im göttlichen Sinne gemeint, die nichts gemein hat mit sklavischem Dienen, sondern lediglich den geistigen Aufstieg und somit des Nächsten ewiges Glück ins Auge faßt und dementsprechend handelt.
Das Prinzip der Versuchung aber ist gleichbedeutend mit dem Legen von Fallstricken, durch die nicht genügend in sich gefestigte Kreaturen schnell straucheln, stürzen und verlorengehen, während andere wieder allerdings dabei erstarken in Wachsamkeit und Kraft, um dann machtvoll emporzublühen zu geistigen Höhen. Alles Schwächliche ist aber von vornherein der Vernichtung rettungslos preisgegeben. Das Prinzip kennt keine Güte, kein Erbarmen; es ermangelt der Liebe Gottvaters, damit aber auch der gewaltigsten Auftriebskraft und der stärksten Stütze, die es gibt.
Die in der Bibel geschilderte Versuchung im Paradiese zeigt die Wirkung von dem Einsetzen des Luzifer-Prinzips, indem sie bildlich darstellt, wie es durch Versuchung die Stärke oder Standhaftigkeit des Menschenpaares zu prüfen sucht, um dieses bei dem geringsten Schwanken sofort erbarmungslos in den Weg der Vernichtung zu stoßen.
Standhaftigkeit würde gleichbedeutend gewesen sein mit freudiger Einstellung in den göttlichen Willen, der in den einfachen Natur- oder Schöpfungsgesetzen liegt. Und dieser Wille, das göttliche Gebot, war dem Menschenpaare gut bekannt. Nichtwankendwerden wäre gleichzeitig eine Befolgung dieser Gesetze gewesen, wodurch der Mensch sich diese erst richtig und unbeschränkt nutzbar machen kann und so zum eigentlichen »Herrn der Schöpfung« wird, weil er »mit ihnen geht«. Alle Kräfte werden ihm dann dienstbar, wenn er sich nicht entgegenstellt, und arbeiten selbsttätig zu seinen Gunsten.
Darin liegt dann die Erfüllung der Gebote des Schöpfers, die weiter nichts wollen, als die ungetrübte und ungehemmte Aufrechterhaltung und Pflege aller Entwicklungsmöglichkeiten, die in seinem herrlichen Werke liegen. Diese einfache Beachtung ist weitergreifend wieder ein bewußtes Mitwirken an der gesunden Fortentwicklung der Schöpfung oder der stofflichen Welt.
Wer das nicht tut, ist ein Hemmnis, das sich entweder in rechte Form schleifen lassen muß oder zwischen dem Räderwerk des Weltgetriebes, also den Schöpfungsgesetzen, der Zermalmung anheimfällt. Wer sich nicht biegen will, muß brechen, da kein Stocken entstehen kann.
Luzifer will nicht in Güte das allmähliche Reifen und Erstarken abwarten, will nicht, wie er sollte, ein liebender Gärtner sein, der die ihm anvertrauten Pflanzen hütet, stützt und pflegt, sondern mit ihm wurde buchstäblich »der Bock zum Gärtner«. Er geht auf die Vernichtung alles Schwachen aus und arbeitet in dieser Weise schonungslos.
Dabei verachtet er die Opfer, die seinen Versuchungen und Fallstricken erliegen, und will, daß sie in ihrer Schwäche zugrunde gehen sollen.
Er hat auch Ekel vor der Niedrigkeit und der Gemeinheit, die diese gefallenen Opfer in die Auswirkungen seines Prinzips legen; denn nur die Menschen machen diese zu der ekelhaften Verworfenheit, in der sie sich präsentieren, und damit fachen sie Luzifer nur um so mehr dazu an, in ihnen Geschöpfe zu sehen, welche lediglich Vernichtung verdienen, nicht Liebe und Pflege.
Und zur Durchführung dieser Vernichtung trägt nicht wenig das sich dem Prinzip der Versuchung als natürliche Folge anschließende Prinzip des Sichauslebens bei. Das Sichausleben vollzieht sich in den niederen Regionen des Dunkels, wurde aber bei sogenannter Psychoanalyse von verschiedenen Ausübenden bereits irdisch aufgenommen in der Annahme, daß auch auf Erden das Sichausleben reift und befreit.
Doch welches entsetzliche Elend muß die Ausübung dieses Prinzips auf Erden herbeiführen! Welches Unheil muß sie anrichten, weil auf der Erde nicht wie in den Regionen des Dunkels nur Gleichartiges beisammen ist, sondern noch Dunkleres wie Helleres neben und miteinander lebt. Man denke dabei nur an das Geschlechtsleben und ähnliches. Wenn ein solches Prinzip in der Ausübung auf die Menschheit losgelassen wird, muß es am Ende nur ein Sodom und Gomorra geben, aus dem es kein Hinausgleiten gibt, sondern wo nur Schrecken größter Art ein Ende bringen kann.
Ganz abgesehen aber davon sieht man heute schon zahlreiche Opfer ähnlicher Therapien haltlos umherirren, deren geringes Selbstbewußtsein, überhaupt alles persönliche Denken, noch ganz zerpflückt und vernichtet wurde dort, wo sie vertrauensvoll Hilfe erwartet hatten. Sie stehen da wie Menschen, denen systematisch alle Kleider vom Körper gerissen wurden, damit sie dann gezwungen sind, die ihnen gereichten neuen Kleider anzulegen. Die also Entblößten vermögen jedoch in den meisten Fällen leider nicht mehr einzusehen, warum sie noch neue Kleider anlegen sollen.
Durch das planmäßige Eindringen in ihre persönlichsten Dinge und Rechte verloren sie mit der Zeit auch die das persönliche Selbstbewußtsein erhaltende Schamempfindung, ohne die es nichts Persönliches geben kann, die einen Teil des Persönlichen selbst ausmacht.
Auf so zerwühltem Boden läßt sich dann kein neuer, fester Bau errichten. Unselbständig bleiben diese Menschen mit wenigen Ausnahmen, was sich bis zu zeitweiser Hilflosigkeit steigert, da ihnen auch der wenige Halt genommen wurde, den sie vorher noch hatten.
Die beiden Prinzipien des Sichauslebens und der Versuchung sind so eng zusammen verbunden, daß dem Sichausleben unbedingt die Versuchung vorausgesetzt werden muß. Es ist also die regelrechte Befolgung und Verbreitung des Luzifer-Prinzips.
Für den wahren Seelenarzt ist kein Niederreißen nötig. Dieser erkennt schlummernde, gute Fähigkeiten, weckt sie und baut dann weiter auf. Das wahre Prinzip gibt Umstellung falschen Verlangens durch geistige Erkenntnis!
Die Anwendung dieses liebelosen Prinzips aber mußte Luzifer selbstverständlich aus der Natur der Sache heraus immer mehr von dem liebenden Willen des allmächtigen Schöpfers trennen, was die eigene Abschneidung oder Ausstoßung aus dem Lichte brachte und damit den immer tieferen Sturz Luzifers. Ein Sich-selbst-vom-Licht-getrennt-Habender ist Luzifer, was gleichbedeutend ist mit einem Ausgestoßenen.
Die Abstoßung mußte ebenfalls nach den bestehenden Urgesetzen, dem unumstößlichen Heiligen Willen Gottvaters erfolgen, weil ein anderes Geschehen nicht möglich ist.
Da nun allein der Wille Gottvaters, des Schöpfers aller Dinge, allmächtig ist, der auch in der stofflichen Schöpfung und deren Entwicklung festwurzelt, vermag Luzifer wohl sein Prinzip in die Stofflichkeit hineinzusenden, die Auswirkungen aber werden sich immer nur in den von Gottvater festgelegten Urgesetzen bewegen können und müssen sich in deren Richtung formen.
So kann Luzifer durch die Verfolgung seines unrichtigen Prinzips wohl einen Anstoß geben zu für die Menschheit gefährlichen Wegen, er vermag aber nicht, die Menschen zu irgend etwas gewaltsam zu zwingen, sobald sich diese nicht selbst freiwillig dazu entschließen.
Luzifer kann tatsächlich nur locken. Der Mensch als solcher steht aber fester als er in der stofflichen Schöpfung, demnach auch viel sicherer und kraftvoller, als ihn der Einfluß Luzifers je treffen kann. Ein jeder Mensch ist dadurch so geschützt, daß es eine zehnfache Schmach für ihn ist, wenn er sich von dieser im Vergleich zu ihm schwächeren Kraft locken läßt. Er soll bedenken, daß Luzifer selbst außerhalb der Stofflichkeit steht, während er mit festen Füßen in ihm voll vertrautem Grund und Boden wurzelt.
Luzifer ist gezwungen, zu seinen Prinzipanwendungen nur seine Hilfstruppen zu benutzen, die sich aus in den Versuchungen gefallenen Menschengeistern zusammenstellen.
Diesen aber ist wiederum jeder nach oben strebende Menschengeist nicht nur vollkommen gewachsen, sondern an Stärke weit überlegen. Ein einziger ernster Willensakt genügt, um ein Heer davon spurlos verschwinden zu lassen. Vorausgesetzt, daß diese mit ihren Lockungen keinerlei Widerhall oder Anklang finden, an den sie sich klammern können.
Luzifer würde überhaupt machtlos sein, wenn die Menschheit sich bemühte, die von dem Schöpfer gegebenen Urgesetze zu erkennen und zu befolgen. Die Menschen stützen aber leider das falsche Prinzip durch ihre jetzige Art immer mehr und werden deshalb auch zum größten Teile untergehen müssen.
Es ist unmöglich, daß irgendein Menschengeist mit Luzifer selbst einen Kampf ausfechten kann, aus dem einfachen Grunde, weil er nicht bis zu diesem vorzudringen vermag, infolge der verschiedenen Wesensart. Der Menschengeist kann immer nur mit den durch das falsche Prinzip Gefallenen in Berührung kommen, die im Grunde seine Wesensart haben.
Der Ursprung Luzifers bedingt, daß ihm nur der persönlich nahen und entgegentreten kann, der aus dem gleichen Ursprung oder höher ist; denn nur ein solcher vermag bis zu ihm vorzudringen. Es muß ein Gottgesandter sein, gewappnet mit dem heiligen Ernste seiner Sendung und vertrauend auf den Ursprung aller Kraft, auf Gottvater selbst.
Diese Aufgabe ist dem angekündigten Menschensohne zugeteilt.
Persönlich ist der Kampf, von Angesicht zu Angesicht, nicht nur symbolisch in der Allgemeinheit, wie es viele Forscher aus Verheißungen entnehmen wollen. Es ist die Erfüllung der Verheißung im »Parsifal«. Den »Heiligen Speer«, die Macht, hatte Luzifer falsch angewendet, und dem Geistig-Wesenhaften damit in der Menschheit durch sein Prinzip eine schmerzende Wunde geschlagen. Er wird ihm in diesem Kampfe genommen. Dann in der »richtigen Hand«, also bei Durchführung des echten Gralsprinzips der reinen strengen Liebe, heilt er die vorher durch ihn in unrechter Hand, also falscher Anwendung, geschlagene Wunde.
Durch das Luzifer-Prinzip, also durch die falsche Anwendung göttlicher Macht, gleichbedeutend mit dem »Heiligen Speer« in unrechter Hand, wird dem Geistig-Wesenhaften eine Wunde geschlagen, die sich nicht schließen kann! Das ist mit diesem Gedanken in der Legende in treffender Form bildhaft wiedergegeben; denn der Vorgang gleicht wirklich einer offenen, sich nicht schließenden Wunde.
Man überlege, daß die Menschengeister als unbewußte Geistsamenkörner oder Funken aus dem niedersten Rande des Geistig-Wesenhaften in die Schöpfung der Stofflichkeit abfließen oder überspringen, in der Erwartung, daß diese ausfließenden Teile nach ihrem Laufe durch die Stofflichkeit zum persönlichen Bewußtsein erwacht und entwickelt wieder in Vollendung des Kreislaufes in das Geistig-Wesenhafte zurückkehren. Ähnlich dem Kreislaufe des Blutes in dem grobstofflichen Körper!
Das Luzifer-Prinzip jedoch lenkt nun einen großen Teil dieses geistigen Kreislaufstromes ab. Dadurch kann der notwendige Kreislauf nicht geschlossen werden, und es wirkt sich aus wie das dauernde schwächende Abfließen einer offenen Wunde.
Kommt aber nun der »Heilige Speer«, also die göttliche Macht, in die richtige Hand, die in dem Willen des Schöpfers steht und dem durch die Stofflichkeit als belebender Faktor wandernden Geistig-Wesenhaften den rechten Weg weist, der es aufwärts führt zu seinem Ausgangspunkte, in das lichte Reich Gottvaters, so geht es nicht mehr verloren, sondern fließt damit zurück in seinen Ursprung wie das Blut zum Herzen, wodurch die im Geistig-Wesenhaften bisher schwächend abfließende Wunde geschlossen wird. Somit kann die Heilung nur durch den gleichen Speer erfolgen, der diese Wunde schlug.
Dazu muß aber vorher der Speer Luzifer entwunden werden und in die richtige Hand kommen, was sich in dem persönlichen Kampfe Parzivals mit Luzifer vollzieht!
Die sich dann noch anschließenden, in das Feinstoffliche und Grobstoffliche hineinziehenden Kämpfe sind nur Nachwirkungen dieses einen großen Kampfes, der die verheißene Fesselung Luzifers bringen muß, die den Beginn des tausendjährigen Reiches kündet. Sie bedeuten die Ausrottung der Folgen des Luzifer-Prinzips.
Dieses richtet sich gegen das Walten göttlicher Liebe, deren Segnungen den Menschen in ihrem Laufe durch die Stofflichkeit zuteil werden. Würde nun die Menschheit einfach dieser göttlichen Liebe nachstreben, so wäre sie sofort vollkommen gefeit vor jeglichen Versuchungen Luzifers, und er würde aller seiner Schrecken entkleidet sein, die der Menschengeist um ihn webt.
Der bunten Phantasie der Menschenhirne sind auch die ungeheuerlichen, häßlichen Gestalten entsprungen, die man irrtümlich Luzifer zu geben sich bemüht. In Wirklichkeit vermochte ihn auch aus dem einfachen Grunde der verschiedenen Wesensart heraus noch keines Menschen Auge zu erschauen, auch nicht das Auge, das die Feinstofflichkeit des Jenseits oft schon während des Erdenlebens zu erkennen fähig ist.
Luzifer ist im Gegensatz zu allen Anschauungen stolz und schön zu nennen, überirdisch schön, von düsterer Majestät mit klaren, großen, blauen Augen, die aber von dem eisigen Ausdrucke fehlender Liebe zeugen. Er ist nicht nur ein Begriff, wie man ihn gewöhnlich nach vergeblichen anderen Deutungen hinzustellen versucht, sondern er ist persönlich.
Die Menschheit soll begreifen lernen, daß auch ihr durch ihre eigene Wesenheit eine Grenze gesetzt ist, die sie niemals überschreiten kann, natürlich auch im Denken nicht, und daß von jenseits dieser Grenze Botschaften nur auf dem Gnadenwege kommen können. Doch nicht durch Medien, die ihre Wesenheit auch nicht durch unirdische Zustände verändern können, ebensowenig durch die Wissenschaft. Gerade diese hat ja durch Chemie Gelegenheit zu finden, daß Verschiedenheit der Art unüberwindliche Grenzen bilden kann. Diese Gesetze aber gehen von dem Ursprunge aus, sind nicht nur in dem Werk der Schöpfung erst zu finden.
Wenn man Bilder sieht, die das Leben in der sogenannten Hölle wiedergeben sollen, so geht man achselzuckend darüber hinweg mit halb ironischem, halb mitleidsvollem Lächeln und dem Gedanken, daß nur eine angekränkelte Phantasie oder eine fanatische Blindgläubigkeit Szenen solcher Art erdenken können. Selten wird es jemand geben, der auch nur das kleinste Wahrheitskörnchen darin sucht. Und doch kann wohl die grauenvollste Phantasie kaum annähernd ein Bild zusammenstellen, das den Qualen des Lebens in den dunklen Regionen dem Ausdrucke nach nahekommt.
Arme Verblendete, die wähnen, mit einem spöttischen Achselzucken leichtsinnig darüber hinweggehen zu können! Der Augenblick kommt, wo Leichtsinn sich bitter rächt mit dem erschütternden Eintreten der Wahrheit. Da hilft kein Sträuben, kein Sichabwenden, sie werden hineingezogen in den Strudel, der ihrer wartet, wenn sie nicht rechtzeitig diese Überzeugung eines Nichtwissens abwerfen, die immer nur die Hohlheit und die Beschränktheit eines solchen Menschen kennzeichnet.
Kaum ist die Loslösung des feinstofflichen Körpers von dem grobstofflichen Körper erfolgt (* Vortrag: »Der Tod«), so finden sie schon die erste große Überraschung in dem Erlebnis, daß das bewußte Sein und Leben damit noch nicht beendet ist. Die erste Folge ist Verwirrung, der sich ungeahnte Bangigkeit anschließt, die oft in dumpfe Ergebung oder angstvollste Verzweiflung übergeht! Vergebens ist dann das Sichsträuben, vergebens alles Klagen, vergebens aber auch das Bitten; denn sie müssen ernten, was sie in dem Erdenleben säten.
Verlachten sie das Wort, das ihnen von Gott gebracht wurde, welches auf das Leben nach dem irdischen Tode und die damit verbundene Verantwortung eines jeden intensiven Denkens und Handelns hinweist, so ist das mindeste, was sie erwartet, das, was sie wollten: tiefe Dunkelheit! Ihre feinstofflichen Augen, Ohren und Münder sind verschlossen durch das eigene Wollen. Sie sind taub, blind und stumm in ihrer neuen Umgebung.
Das ist das Günstigste, was ihnen geschehen kann. Ein jenseitiger Führer und Helfer kann sich ihnen nicht verständlich machen, weil sie sich selbst davor verschlossen halten. Ein trauriger Zustand, dem nur das langsame innere Reifen des Betreffenden selbst, das durch die sich steigernde Verzweiflung führt, eine allmähliche Änderung bringen kann. Mit der wachsenden Sehnsucht nach Licht, die wie ein ununterbrochener Hilferuf aus solchen gedrückten und gequälten Seelen steigt, wird es dann endlich nach und nach heller um ihn, bis er auch andere sehen lernt, die gleich ihm der Hilfe bedürfen.
Hat er nun das Bestreben, diese noch in tieferer Finsternis Harrenden zu unterstützen, damit es auch bei denen heller werden kann, so erstarkt er in dieser Tätigkeit des Versuches zum Helfen durch die dazu erforderliche Anstrengung immer mehr, bis ein anderer zu ihm treten kann, der schon weiter vorgeschritten ist, um auch ihm weiterzuhelfen, den lichteren Regionen entgegen.
So hocken sie trübselig herum, da ihre feinstofflichen Körper durch das Nichtwollen auch zu kraftlos sind, zu gehen. Ein mühseliges, unsicheres Am-Boden-Kriechen bleibt es daher, wenn es einmal zu einer Bewegung kommt.
Andere wieder tappen wohl in diesem Dunkel herum, straucheln, stürzen, raffen sich immer wieder auf, um bald hier, bald da anzuecken, wobei schmerzende Wunden nicht ausbleiben; denn da eine Menschenseele immer nur durch die Art ihrer eigenen Dunkelheit, die Hand in Hand geht mit der mehr oder weniger starken Dichtheit, die wiederum ein entsprechendes Schwergewicht nach sich zieht, in die Region sinkt, die ihrer feinstofflichen Schwerkraft genau entspricht, also von gleicher Art der Feinstofflichkeit ist, so wird ihre neue Umgebung für sie ebenso greifbar, fühlbar und undurchdringlich, wie es einem grobstofflichen Körper in grobstofflicher Umgebung ergeht. Jeden Stoß, jeden Sturz oder jede Verletzung fühlt sie deshalb dort so schmerzlich, wie es ihr grobstofflicher Körper während der Erdenlaufbahn auf der grobstofflichen Erde empfand.
So ist es in jeder Region, gleichviel welcher Tiefe oder Höhe sie angehört. Gleiche Stofflichkeit, gleiche Fühlbarkeit, gleiche gegenseitige Undurchdringlichkeit. Jede höhere Region jedoch, oder jede andere Stoffart kann durch die niedere, dichtere Stoffart ungehindert hindurch, wie jedes Feinstoffliche durch das anders geartete Grobstoffliche.
Anders nun mit solchen Seelen, die außerdem irgendein begangenes Unrecht abzulösen haben. Die Tatsache selbst ist eine Sache für sich. Sie kann gelöst werden in dem Augenblicke, wo der Täter von dem betroffenen Teile volle, ehrlich gemeinte Verzeihung erlangt.
Was eine Menschenseele aber schwerer bindet, das ist der Drang oder der Hang, der die Triebfeder zu einer Tat oder mehreren Taten bildet. Dieser Hang lebt in der Menschenseele fort, auch nach dem Hinübergehen, nach der Loslösung vom grobstofflichen Körper. Er wird sogar im feinstofflichen Körper sofort noch stärker zur Geltung kommen, sobald die Einengung alles Grobstofflichen wegfällt, da dann die Empfindungen viel lebendiger und rückhaltloser wirken.
Ein derartiger Hang ist es auch wiederum, der maßgebend für die Dichtheit, also Schwere des feinstofflichen Körpers wird. Das hat zur Folge, daß der feinstoffliche Körper nach Freiwerdung vom grobstofflichen Körper sofort in die Region sinkt, die genau seiner Schwere und demnach gleichen Dichtheit entspricht. Dort wird er demnach auch alle finden, die dem gleichen Hange huldigen. Durch deren Ausstrahlungen wird der seine noch genährt, gesteigert, und er wird dann in Ausübung dieses Hanges förmlich rasen. Ebenso natürlich auch die anderen mit ihm dort Befindlichen.
Daß derartige, hemmungslose Austobungen für die Umgebung eine Qual sein müssen, ist nicht schwer verständlich. Da dies aber in solchen Regionen immer nur auf Gegenseitigkeit beruht, so wird jeder einzelne unter den anderen bitter zu leiden haben alles das, was er wiederum den anderen dauernd selbst zuzufügen sucht. So wird das Leben dort zur Hölle, bis eine derartige Menschenseele nach und nach ermattet und Ekel davor empfindet. Dann wird nach langer Dauer endlich allmählich der Wunsch erwachen, herauszukommen aus solcher Art.
Der Wunsch und Ekel ist Beginn der Besserung. Er wird sich bis zum Hilfeschrei und zuletzt zum Gebet verstärken. Erst dann kann ihm die Hand zum Aufstiege geboten werden, was oft Jahrzehnte und Jahrhunderte, manchmal auch noch länger auf sich warten läßt. Der Hang in einer Menschenseele ist also das schwerer Bindende.
Daraus geht hervor, daß eine unbedachte Tat viel leichter und viel schneller abzulösen ist als ein in einem Menschen ruhender Hang, gleichviel, ob dieser zu einer Tat geworden ist oder nicht!
Ein Mensch, der einen unsauberen Hang in sich trägt, ohne diesen je zu einer Tat werden zu lassen, weil ihm die irdischen Verhältnisse günstig sind, wird deshalb schwerer büßen müssen als ein Mensch, der unbedachterweise durch irgendeine oder mehrere Taten gefehlt hat, ohne böse Absicht dabei gehabt zu haben. Die unbedachte Tat kann letzterem sofort verziehen sein, ohne übles Karma zu entwickeln, der Hang aber erst dann, wenn er vollkommen in dem Menschen ausgelöscht wurde. Und deren gibt es viele Arten. Sei es nun Habsucht und der ihr verwandte Geiz, sei es schmutzige Sinnlichkeit, Drang zu Diebstahl oder Mord, Brandstiftung oder auch nur zu Übervorteilung und zu leichtsinnigen Nachlässigkeiten, gleichviel, ein derartiger Hang wird den Betreffenden immer dorthin sinken lassen oder ziehen, wo seinesgleichen ist.
Lebensbilder davon wiederzugeben, hat keinen Zweck. Sie sind oft so fürchterlicher Art, daß ein Menschengeist auf Erden kaum an derartige Wirklichkeiten glauben kann, ohne sie zu sehen. Und auch dann würde er noch denken, es müßten nur Gebilde grenzenlos erhitzter Fieberphantasien sein. So mag er sich begnügen, sittliche Scheu vor allem Derartigen zu empfinden, die ihn frei macht von den Banden alles Niederen, damit dem Aufstiege zum Lichte keine Hemmung mehr im Wege steht.
So sind die dunklen Regionen Auswirkungen des Prinzips, das Luzifer einzuführen sucht. Der ewige Kreislauf der Schöpfung rollt und kommt an den Punkt, an dem die Zersetzung beginnt, in der alles Stoffliche die Form verliert, um in Ursamen zu verfallen, und damit im Weiterrollen neue Mischung, neue Formen bringt mit frischer Kraft und jungfräulichem Boden. Was sich bis dahin aus dem Grob- und Feinstofflichen noch nicht lösen konnte, um über die höchste, feinste und leichteste Grenze, alles Stoffliche zurücklassend, in das Geistig-Wesenhafte einzutreten, das wird unweigerlich in die Zersetzung mit hineingezogen, wodurch auch seine Form und das Persönliche an ihm vernichtet wird. Das ist dann erst die ewige Verdammnis, das Auslöschen alles bewußt Persönlichen!
Strahlendes Licht! Blendende Reinheit! Beseligende Leichtigkeit!
Das alles spricht von selbst schon so viel, daß kaum noch Einzelheiten zu erwähnen nötig sind. Je weniger der feinstoffliche Körper, also der Mantel des menschlichen Geistes im Jenseits, mit irgendeinem Hange nach Niederem, mit irgendeinem Begehren nach grobstofflichen Dingen und Genüssen belastet ist, desto weniger zieht es ihn darnach, desto weniger dicht und dadurch auch desto weniger schwer wird sein feinstofflicher Körper sein, der sich seinem Wollen entsprechend bildet, und desto schneller wird er durch seine Leichtigkeit emporgehoben werden in die lichteren, der geringeren Dichtheit seines feinstofflichen Körpers entsprechenden Regionen.
Je undichter, also lockerer und feiner, dieser feinstoffliche Körper durch seine Abgeklärtheit von niederen Begierden wird, desto heller und lichter muß er auch erscheinen, da dann der Kern des Geistig-Wesenhaften in der Menschenseele, der an sich durch seine Beschaffenheit strahlend ist, immer mehr von innen heraus den undichter werdenden feinstofflichen Körper durchscheint, während in den unteren Regionen dieser an sich strahlende Kern durch die größere Dichtheit und Schwere des feinstofflichen Körpers verhüllt und verdunkelt bleibt.
Auch in den Regionen des Lichtes wird eine jede Menschenseele je nach Beschaffenheit ihres feinstofflichen Körpers die Gleichart finden, also Gleichgesinnte. Da nur das wirklich Edle, das Gutwollende, nach oben zu streben fähig ist, frei von niederen Begierden, so wird die Menschenseele als ihre Gleichart auch nur Edles antreffen. Daß der Bewohner einer solchen Region keine Qualen zu erleiden hat, sondern nur den Segen des von ihm gleichartig ausströmenden Edlen genießt, sich darin beseligt fühlt und wiederum selbst auch Freude in den anderen seinem eigenen Tun gegenüber erweckt und mitempfindet, ist ebenfalls leicht verständlich. Er kann sagen, daß er in den Gefilden der Seligen, sich also Beseligtfühlenden, wandelt.
Angespornt davon, wird seine Freude an dem Reinen und Hohen immer stärker werden und ihn weiter und weiter emporheben. Sein feinstofflicher Körper wird durchdrungen von diesem Empfinden, feiner und immer weniger dicht werden, so daß das Leuchten des geistig-wesenhaften Kernes immer strahlender durchbricht, und zuletzt auch die letzten Stäubchen dieses feinstofflichen Körpers wie in Flammen aufgehend abfallen, wodurch dann der somit vollendete und bewußte, persönlich gewordene Menschengeist in vollkommen geistig-wesenhafter Art die Grenze in das Geistig-Wesenhafte überschreiten kann. Erst damit tritt er in das ewige Reich Gottvaters, in das unvergängliche Paradies.
So wenig ein Maler in einem Bilde die Qualen des wirklichen Lebens der dunklen Regionen wiedergeben könnte, ebensowenig vermag er das Entzücken zu schildern, das in dem Leben der Regionen des Lichtes liegt, auch wenn die Regionen noch zu dem vergänglichen Feinstofflichen gehören und die Grenze zu dem ewigen Reiche Gottvaters noch nicht überschritten ist.
Jede Schilderung und jeder Versuch, das Leben bildhaft wiederzugeben, würde unbedingt eine Verkleinerung bedeuten, die der Menschenseele deshalb statt Nutzen nur Schaden bringen müßte.
Es gibt keine größere Gefahr für eine Sache, als eine Lücke zu lassen, deren Füllungsnotwendigkeit vielfach empfunden wird. Es hilft dann nichts, darüber hinweggehen zu wollen; denn eine derartige Lücke hindert jeden Fortschritt und wird, sobald darüber ein Bau errichtet ist, diesen eines Tages zusammenbrechen lassen, auch wenn er mit größter Kunstfertigkeit und mit wirklich gutem Material ausgeführt ist.
So zeigen sich heute die verschiedenen christlichen Religionsgemeinschaften. Sie verschließen mit zäher Energie Auge und Ohr an manchen Stellen ihrer Lehren, die eine Unlogik fühlen lassen. Mit leeren Worten suchen sie darüber hinwegzuschreiten, anstatt wirklich einmal ernsthaft in sich zu gehen.
Wohl empfinden sie die Gefahr, daß die durch eine Lehre blinden Glaubens provisorisch gelegten Brücken über derartige Klüfte eines Tages nicht mehr zureichend sein können, und sie fürchten den Augenblick, der diesen leichten Bau durch Erleuchtung erkennen lassen muß. Auch wissen sie, daß dann niemand mehr zu bewegen sein wird, einen so trügerischen Weg zu betreten, wodurch natürlich der dann wieder folgende solide Weiterbau und Weg ebenfalls leer bleiben muß. Ebenso ist ihnen bekannt, daß ein einziger Luftstrom frischer Wahrheit solche künstlichen Gebilde hinwegfegen muß.
Doch in Ermangelung eines Besseren suchen sie trotz aller Gefahren die schwankende Planke festzuhalten. Sie sind sogar viel eher bereit, sie mit allen Mitteln zu verteidigen und den zu vernichten, der es wagen würde, in der Wahrheit selbst einen festeren Übergang zu bringen. Ohne Zögern würden sie denselben Vorgang zu wiederholen versuchen, der vor nahezu zweitausend Jahren sich auf dieser Erde abspielte, der seinen Schatten noch bis auf den heutigen Tag wirft, und den sie doch selbst als große Anklage gegen die Verblendung und verderbliche Starrköpfigkeit der Menschen zum Brennpunkte ihrer Lehren und ihres Glaubens machten.
Es waren die Träger der Religionen und die damaligen Gelehrten, die in ihrer dogmatischen Einengung und ihrem Schwäche verratenden Dünkel die Wahrheit und den Gottessohn nicht zu erkennen vermochten, sich auch davor verschlossen und ihn und seine Anhänger aus Furcht und Neid heraus haßten und verfolgten, während die anderen Menschen sich leichter der Erkenntnis öffneten und die Wahrheit des Wortes schneller empfanden.
Trotzdem nun die heutigen Träger der christlichen Religionsgemeinschaften den Leidensweg des Gottessohnes besonders betonen, so haben sie doch an dieser Tatsache selbst nichts gelernt und keinen Nutzen daraus gezogen. Gerade die heutigen Führer dieser auf Christi Lehren gegründeten Gemeinschaften, wie auch diejenigen der neueren Bewegungen würden auch heute wieder jeden unschädlich zu machen versuchen, der die schwankenden Übergänge über bedenkliche Lücken oder Klüfte in ihren Belehrungen und Auslegungen durch die Wahrheit selbst gefährden könnte. Sie würden ihn mit ihrem Haß verfolgen, der aus Angst geboren ist, und noch viel mehr aus Eitelkeit heraus, genau wie es schon einmal war.
Die Größe würde ihnen fehlen zu ertragen, daß ihr Wissen nicht ausreichte, die Wahrheit selbst zu erkennen und die Lücken auszufüllen, um damit den Menschen zum leichteren Verstehen und vollen Erfassen den Weg zu ebnen.
Und doch ist der Menschheit nur durch volles Erfassen ein Aufstieg möglich, niemals durch blinden, unwissenden Glauben!
Eine solche Lücke durch falsche Überlieferung ist auch der Begriff des »Menschensohnes«. Krankhaft wird daran festgehalten, ähnlich den Pharisäern, die sich der ihren herkömmlichen starren Lehren gegenüberstellenden Wahrheit durch den Gottessohn nicht erschließen wollten. Christus hat von sich nur als Gottessohn gesprochen. Die Unlogik, sich gleichzeitig Menschensohn zu nennen, lag ihm fern. Mag man nun aus den eigenen Zweifeln heraus mit größter Kunstfertigkeit und Gewandtheit nach allen Richtungen hin versucht haben, diesen offensichtlichen und von jedem ruhig denkenden Menschen empfundenen Widerspruch zwischen Gottessohn und Menschensohn zu erklären, so kann doch trotz aller Mühen nicht behauptet werden, daß eine Vereinigung gefunden wurde. Die günstigste aller Deutungen mußte immer und immer wieder eine Doppelnatur zeigen, die nebeneinander stehen blieb, niemals aber als eins erscheinen konnte.
Das liegt auch ganz in der Natur der Sache. Der Gottessohn kann nicht zum Menschensohne werden, nur, weil er durch eines Menschen Leib geboren werden mußte, um auf Erden wandeln zu können.
Es ist jedem Christen bekannt, daß der Gottessohn lediglich in geistiger Sendung kam, und daß alle seine Worte das geistige Reich betrafen, also geistig gemeint waren. Demnach darf von vornherein auch sein mehrmaliger Hinweis auf den Menschensohn nicht anders aufgefaßt werden! Warum soll nun hier eine Ausnahme sein? Geistig aber war und blieb Christus lediglich der Gottessohn!
Wenn er nun von dem Menschensohne sprach, so konnte er sich nicht selbst damit meinen. Es liegt in dem allen viel Gewaltigeres, als die heutigen Auslegungen der christlichen Religionen wiedergeben. Der offene Widerspruch müßte schon lange ernster zum Nachdenken angeregt haben, wenn nicht die dogmatische Einklammerung alles verdunkelte. Statt dessen griff man ohne die für so einschneidende Dinge unbedingt nötige, ernsteste Prüfung zum krampfhaften Festhalten an dem überlieferten Worte und legte sich so Scheuklappen an, die den freien Ausblick hinderten.
Natürliche Folge ist, daß solche Ausleger und Lehrer, obwohl in der Schöpfung ihres Gottes stehend, nicht einmal diese richtig zu erkennen vermögen, wodurch allein die Aussicht besteht, auch dem Schöpfer selbst, dem Ausgangspunkte des Werkes, näher zu kommen.
Christus lehrte in erster Linie volle Natürlichkeit, das heißt, sich in die Gesetze der Natur, also der Schöpfung einzufügen. Einfügen aber kann sich nur der, der die Naturgesetze kennt. Die Naturgesetze wiederum tragen den Willen des Schöpfers in sich und können somit auch den Weg zur Erkenntnis des Schöpfers selbst geben.
Wer nun die Naturgesetze kennt, erfährt aber auch, wie unverrückbar diese wirkend ineinandergreifen; weiß deshalb, daß dieses Wirken in seiner steten, vorwärtstreibenden Folgerichtigkeit unabänderlich ist, wie damit auch der Wille des Schöpfers, Gottvaters.
Jede Abweichung müßte eine Änderung des göttlichen Willens bedeuten. Eine Änderung aber würde auf Unvollkommenheit hinweisen. Da aber der Urquell alles Seins, Gottvater, nur einheitlich und vollkommen ist, so muß auch die kleinste Abweichung innerhalb der Naturgesetze, also der Entwicklungsgesetze, einfach unmöglich und von vornherein ausgeschlossen sein. Diese Tatsache bedingt, daß auch Religionswissenschaft und Naturwissenschaft in jeder Beziehung eins sein müssen in lückenloser Klarheit und Folgerichtigkeit, wenn sie die Wahrheit wiedergeben sollen.
Daß die Naturwissenschaft heute noch eine im Verhältnis zur ganzen Schöpfung sehr niedere Grenze des Wissens hat, wird nicht geleugnet, da sie sich lediglich an das Grobstoffliche gehalten hat, weil der Verstand in heutigem Sinne nur an das an Raum und Zeit Gebundene heranzugehen vermag. Der einzige, allerdings auch unverzeihliche Fehler dabei ist nur, daß die Jünger dieser Wissenschaft alles Darüberhinausgehende spöttisch als nichtbestehend zu leugnen versuchen, mit Ausnahme weniger Gelehrter, die das Mittelmaß überschritten haben und weitschauender wurden, und die es verschmähten, Nichtwissen mit Dünkel zu überdecken.
Religionswissenschaft aber greift viel weiter, bleibt aber trotzdem ebenfalls auf die über das an Raum und Zeit Gebundene hinausgreifenden Naturgesetze angewiesen, die vom Urquell kommend in das Irdisch-Sichtbare ohne Unterbrechung und ohne Abänderung ihrer Art hineinlaufen.
Aus diesem Grunde dürfen auch Religionslehren weder Lücken noch Widersprüche bergen, wenn sie der Wahrheit, also den Naturgesetzen oder dem göttlichen Willen wirklich entsprechen sollen, wenn sie also die Wahrheit bergen sollen. Freiheiten blinden Glaubens dürfen sich zur Führung dienende und verantwortungsreiche Lehren nicht erlauben!
Schwer lastet deshalb der Irrtum des Begriffes vom Menschensohne auf den Anhängern der wahren Christuslehren, weil sie irrtümliche Überlieferungen ruhig hinnehmen und weiterschleppen, trotzdem in vielen Menschen zeitweise gegenteiliges Empfinden leise mahnt.
Gerade die Unabänderlichkeit göttlichen Willens in seiner Vollkommenheit ist es, die ein willkürliches Eingreifen Gottes in der Schöpfung ausschließt. Sie ist es aber auch, die nach dem Sturze Luzifers durch dessen falsches Handeln (* Vortrag: »Das Geheimnis Luzifer«) diesen nicht einfach auszuschalten vermag, ebenso auch einen Mißbrauch der Naturgesetze, des göttlichen Willens, durch die Menschen zulassen muß, weil dem Menschengeiste durch seine Herkunft aus dem ewigen Geistig-Wesenhaften ein freier Entschluß vorbehalten ist. (* Vortrag: »Verantwortung«)
In den Geschehnissen der fein- und grobstofflichen Schöpfung muß sich gerade die unverrückbare Vollkommenheit des Schöpferwillens als eine Art Gebundensein zeigen! Aber nur minderwertige und kleine Menschengeister können bei dieser Erkenntnis eine Beschränkung der Macht und Größe sehen. Eine derartige Auffassung würde lediglich das Produkt ihrer eigenen Beschränktheit sein.
Die Unermeßlichkeit des Ganzen verwirrt sie, weil es ihnen tatsächlich nur möglich ist, sich ein Bild davon vorzustellen, wenn es — ihrem Verstehen entsprechend — eine engere Grenze hat.
Wer sich jedoch wirklich bemüht, seinen Schöpfer in dessen Wirken zu erkennen, der wird auf dem sicheren Wege der Naturgesetze ein überzeugendes Ahnen empfangen haben von den weit ausgreifenden Vorgängen, deren Anfänge in dem Urquell, also dem Ausgangspunkte alles Geschehens liegen, um sich von dort aus wie unverrückbare Schienenstränge durch die Schöpfung zu ziehen, auf denen dann alles weitere Leben je nach Stellung der Weiche abrollen muß.
Das Weichenstellen aber besorgt der Menschengeist in seinem Laufe durch das Stoffliche selbsttätig. (* Vortrag: »Der Mensch und sein freier Wille«) Durch Luzifers Prinzip läßt sich nun leider die Mehrzahl zur falschen Weichenstellung veranlassen, und so rollt dann deren Leben nach den unabänderlichen Fortentwicklungsgesetzen, die gleich Schienensträngen das Stoffliche durchziehen, mehr und mehr abwärts, einem je nach der Einstellung ganz bestimmten Endziele zu.
Die Weichenstellung des freien Entschlusses kann nun vom Ursprung aus genau beobachtet oder empfunden werden, woraufhin der weitere Verlauf klar zu erkennen ist, weil er nach einem erfolgten Entschlusse in der Fortentwicklung nur den entsprechenden in der Schöpfung verankerten Gesetzes-Schienensträngen entlanglaufen muß.
Dieser Umstand ermöglicht das Vorausschauen so mancher Geschehnisse, weil die Natur- oder Schöpfungsgesetze in ihrem Entwicklungsdrange niemals abweichen. Jahrtausende spielen dabei keine Rolle. In diesen vorausgeschauten, unbedingten Endzielen entstehen dann die großen Offenbarungen, die Begnadeten in Bildern geistig gezeigt werden und durch Weitergabe zur Kenntnis der Menschheit kommen.
Eins ist aber dabei nicht mit Bestimmtheit vorauszusagen: die irdische Zeit, zu der sich solche Offenbarungen und Verheißungen erfüllen!
Das geschieht zu der Stunde, in welcher ein solcher Lebensverlauf seinen gewählten Schienen entlangrollend an einer vorauserklärten Zwischenstation oder dem Endziele einfährt. Das Schicksal des Menschen wie des Volkes und zuletzt der ganzen Menschheit ist mit einem Zuge zu vergleichen, der auf einer eingleisigen Bahn vor nach allen Richtungen führenden Schienensträngen wartend steht. Der Mensch stellt eine Weiche nach seinem Belieben ein, springt auf und gibt Dampf, das heißt, er belebt ihn.
Bei seinem Einbiegen in das von ihm gewählte Geleise vermag man nur die einzelnen Stationen und das Endziel zu nennen, nicht aber die genaue Stunde der jeweiligen Ankunft, da dies von der Fahrtgeschwindigkeit abhängt, die je nach der Art des Menschen wechseln kann; denn der Mensch belebt die Maschine und wird sie je nach seiner eigenen Art in ruhigem Gleichmaße oder in stürmender Leidenschaft oder abwechselnd verschiedenartig vorwärtstreiben. Je mehr ein solcher Einzelmenschen- oder Völker- oder Menschheitszug sich aber einer Station seiner Schienen- oder Schicksalsrichtung nähert, desto sicherer kann dann das nahende Eintreffen erschaut und angedeutet werden.
Das Schienennetz hat aber auch einige Verbindungslinien, die durch jeweilige Weichenumstellungen während der Fahrt benützt werden können, um eine andere Richtung zu erhalten, und somit auch ein anderes Endziel als das zuerst angesteuerte zu erreichen. Es erfordert dann natürlich ein Langsamerfahren beim Nahen einer derartigen Weiche, ein Anhalten und Weichenumstellen. Das langsamere Fahren ist das Nachdenken, das Anhalten der Entschluß des Menschen, der ihm bis zu einem letzten Entscheidungspunkte immer möglich ist, und das Umstellen die diesem Entschlusse folgende Tat.
Den göttlichen Willen, der sich in den feststehenden Naturgesetzen wie Schienenstränge durch das Stoffliche zieht, kann man auch die Nerven in dem Schöpfungswerke nennen, die den Ausgangspunkt, den schöpferischen Urquell, jede Unebenheit in dem gewaltigen Körper des Werkes fühlen lassen oder ihm melden.
Dieser auf Grund der unverrückbaren Gesetze bis an jedes Ende ausschauende sichere Überblick veranlaßt den Schöpfer, seinen Offenbarungen auch Verheißungen anzuknüpfen, die für die Zeit der herannahenden gefährlichsten Kurven, Zwischen- oder Endstationen rechtzeitig von ihm kommende Helfer verkünden!
Diese Helfer sind von ihm ausgerüstet, kurz vor Eintreffen unausbleiblicher Katastrophen und gefährlicher Wendungen den auf diesen falschen Geleisen rollenden Menschengeistern durch Verkündung der Wahrheit die Augen zu öffnen, damit es ihnen möglich wird, noch rechtzeitig eine andere Weiche einzustellen, um die immer gefährlicher werdenden Stellen zu vermeiden und durch eine neue Richtung auch dem verderbenbringenden Endziele zu entgehen.
Da der Schöpfer an der Vollkommenheit seines Willens nicht rütteln kann, so wird auch er bei diesem Helfen genau wieder die bestehenden Gesetze einhalten. Mit anderen Worten: Sein Wille ist von Urbeginn an vollkommen. Jeder seiner neuen Willensakte wird selbstverständlich ebenfalls vollkommen sein. Das bedingt, daß jeder neue Willensakt von ihm auch genau die gleichen Gesetze in sich tragen muß wie die bereits vorausgegangenen. Folge davon ist wieder die genaue Einfügung in das Entwicklungsgeschehen der fein- und grobstofflichen Welt.
Eine andere Möglichkeit ist gerade durch die Vollkommenheit Gottes ein für allemal ausgeschlossen. In dem schon erklärten Vorausschauen entstand die Verheißung der Menschwerdung des Gottessohnes, um mit der Wahrheitsverkündung die Menschheit zur Umstellung der Weiche zu veranlassen.
Die Tat der Umstellung bleibt den Gesetzen entsprechend den Menschengeistern selbst vorbehalten. Dadurch aber ist es einem Vorausschauen entzogen, die Art des Entschlusses zu erkennen; denn nur die von den Menschengeistern schon gewählten Bahnen, in die sie die Weiche nach ihrem freien Entschluß gestellt haben, können genau in ihren sämtlichen Stationen und Kurven bis zum Endziele überschaut werden.
Davon ausgeschlossen sind nach folgerichtiger Natürlichkeit die Wendepunkte, bei denen ein freier Entschluß der Menschheit ausschlaggebend ist; denn auch dieses Recht ist aus der natürlichen Entstehungs- und Entwicklungsgesetzmäßigkeit heraus durch Gottes Vollkommenheit ebenso unverrückbar wie alles andere, und da der Schöpfer den Menschengeistern dieses Recht durch deren Ursprung aus dem Geistig-Wesenhaften gegeben hat, verlangt er auch nicht im voraus zu wissen, wie ihre Entscheidung fallen wird.
Nur die Folge einer solchen Entscheidung kann er genau bis an das Ende erkennen, weil diese sich dann innerhalb dieses Willens auswirken muß, der in den Gesetzen der fein- und grobstofflichen Schöpfung ruht. Würde es anders sein, so könnte die Ursache dazu aus diesem Grunde nur einen Mangel an Vollkommenheit bedeuten, was unbedingt ausgeschlossen ist.
Der Mensch soll sich also dieser seiner ungeheueren Verantwortung stets voll bewußt sein, daß er in seinen Grundentschlüssen wirklich unabhängig ist. Leider aber wähnt er sich entweder als vollkommen abhängigen Knecht, oder aber sich überschätzend als einen Teil des Göttlichen.
Wahrscheinlich liegt der Grund dafür darin, daß er sich in beiden Fällen der Verantwortung enthoben glaubt. In dem einen Fall als zu tiefe und abhängige Kreatur, in dem anderen Falle als weit darüberstehend. Beides aber ist falsch! Er mag sich als Verweser ansehen, dem in gewissen Dingen freier Entschluß, aber auch die volle Verantwortung zusteht, der also ein großes Vertrauen besitzt und dieses nicht durch schlechtes Haushalten täuschen soll. — —
Gerade diese Vollkommenheit macht es notwendig, daß der Schöpfer bei Ausübung unmittelbarer Hilfen für die falschsteuernde Menschheit auch mit einem Versagen der Menschheit bei deren Entschlußfassung rechnen muß. Für solche Fälle hält er aus seiner Weisheit und Liebe heraus, die als ihm zu eigen ebenfalls wieder gesetzmäßig und natürlich sind, weitere Wege zur Hilfe bereit, die sich dann dem ersten, durch Versagen der Menschheit eventuell abgeschnittenen Wege als Fortsetzung anschließen.
So wurde schon vor der Zeit der Menschwerdung des Gottessohnes in dem ewigen Reiche des Vaters eine nochmalige Wahrheitsverkündung vorbereitet, für den Fall, daß die Menschheit trotz des großen Liebesopfers des Vaters versagen könnte. Wenn der Gottessohn mit seiner rein-göttlichen Einstellung nicht so gehört werden würde, daß die Menschheit auf seine Warnung hin die Weiche ihrer Bahnen nach der Richtung hin einstellte, die er ihr wies, sondern auf ihren bisherigen zum Verderben führenden Bahnen in Verblendung verblieb, so sollte dann noch ein Sendling ausgehen, der der Menschheit in deren innerstem Wesen näherstehen konnte als der Gottessohn, um ihr nochmals in der letzten Stunde als Warner und Führer zu dienen, wenn sie auf seinen Ruf der Wahrheit hören wollte. Das ist der Menschensohn.
Christus als Gottessohn wußte davon. Als er den überwucherten und verdorrten Boden der Menschheitsseelen bei seinem Wirken erkannte, wurde ihm klar, daß sein Erdenwallen nicht die Früchte tragen würde, die bei gutem Wollen der Menschheit hätten reifen müssen. Er trauerte tief darüber, überschaute er doch auf Grund der ihm so wohlbekannten Gesetze in der Schöpfung, die den Willen seines Vaters tragen, den unbedingten Fortgang zu dem unvermeidlichen Ende, das der Menschen Art und Wollen nach sich ziehen mußte.
Und da begann er von dem Menschensohne zu reden, von dessen durch die entstehenden Geschehnisse notwendig werdendem Kommen. Je weiter er seine große Mission erfüllte, die je nach dem Entschlusse der Menschheit zwei Wege offen ließ, entweder ein Befolgen seiner Lehren mit anschließendem Aufstiege unter Vermeidung alles Verderbenbringenden, oder ein Versagen und Weiterstürmen auf abschüssiger Bahn, die ins Verderben führen mußte, desto klarer sah er, daß der Entschluß der großen Mehrheit der Menschheit dem Versagen und somit dem Untergange zuneigte.
Daraufhin formten sich seine Äußerungen über den Menschensohn zu direkten Verheißungen und Ankündigungen, indem er sprach: »Wenn aber der Menschensohn kommen wird ...« usw.
Damit bezeichnete er die Zeit kurz vor der Gefahr des Unterganges, der sich aus dem Versagen der Menschheit seiner Mission gegenüber als Endziel der beharrlich weiter verfolgten Richtung nach den göttlichen Gesetzen in der stofflichen Welt erfüllen mußte. Schwer litt er damals bei diesem Erkennen; denn er war die Liebe.
Falsch ist jede Überlieferung, die behauptet, daß Jesus, der Gottessohn, gleichzeitig auch sich selbst als Menschensohn bezeichnet hätte. Derartige Unlogik liegt weder in den göttlichen Gesetzen, noch ist sie dem Gottessohne als Kenner und Träger dieser Gesetze zuzumuten.
Die Jünger wußten nicht Bescheid darin, wie ja aus ihren Fragen selbst hervorging. Von ihnen allein ging der Irrtum aus, der sich bis heute erhalten hat. Sie wähnten, daß der Gottessohn mit dem Ausdruck Menschensohn sich selbst bezeichnete, und aus dieser Annahme heraus überlieferten sie diesen Irrtum auch der Nachwelt, die sich ebenfalls nicht ernster mit der darin liegenden Unlogik befaßte, als die Jünger selbst, sondern einfach darüber hinwegging, teils aus Scheu, teils aus Bequemlichkeit, trotzdem in der Richtigstellung die Alliebe des Schöpfers nur noch deutlicher und kraftvoller heraustritt.
In den Fußstapfen des Gottessohnes gehend, das heißt, seine Mission aufnehmend und weitertragend, wird der Menschensohn als Gesandter Gottvaters der Menschheit auf der Erde gegenübertreten, um sie durch Verkündung der Wahrheit zurückzureißen von der bisherigen Bahn und sie zu dem freiwilligen Entschlusse einer anderen Einstellung zu bringen, die abseits führt von den Punkten des Verderbens, die jetzt ihrer warten.
Gottessohn — Menschensohn! Daß darin ein Unterschied liegen muß, ist sicherlich nicht so schwer herauszufinden. Jedes dieser Worte hat seinen scharf umrissenen, streng ausgeprägten Sinn, der eine Vermischung und Verschmelzung in eins direkt zur Trägheit des Denkens stempeln muß. Hörer und Leser der Vorträge werden sich der natürlichen Entwicklung bewußt sein, die vom Urlicht, Gottvater, ausgehend bis zu dem grobstofflichen Weltenkörper herabreicht. Der Gottessohn kam aus dem Göttlich-Wesenlosen, alle Ebenen schnell durcheilend, zur Inkarnation in die grobstoffliche Welt. Ein Strahlungsvorgang. Deshalb muß er mit vollem Recht der fleischgewordene Gottessohn genannt werden. Das Durcheilen des Geistig-Wesenhaften, in dem erst der Menschengeist seinen Ausgangspunkt hat, ließ ihn dort, wie auch in dem dann folgenden feinstofflichen Teile der Schöpfung nicht so Fuß fassen, daß sein göttlich-wesenloser Kern starke Schutzhüllen dieser verschiedenen Arten mitnehmen konnte, sondern diese sonst als Rüstung dienenden Hüllen blieben dünn.
Das brachte den Vorteil, daß das innerlich Göttliche leichter und stärker durchstrahlte, also hervorbrach, aber auch den Nachteil, daß es in den lichtfeindlichen Niederungen der Erde durch sein Auffallen um so schneller bekämpft und wütender angegriffen werden konnte. Das starke, nur schwach verdeckte Göttliche in der irdisch-grobstofflichen Hülle mußte fremd unter den Menschen bleiben, als zu fernstehend.
Bildlich ausgedrückt könnte man also sagen, daß sein göttlicher Kern für das niedere Grobstofflich-Irdische durch den Mangel an Aufnahme aus dem Geistig-Wesenhaften und dem Feinstofflichen nicht genügend gewappnet und gerüstet war. Die Kluft zwischen dem Göttlichen und dem Irdischen blieb nur schwach überbrückt.
Da nun die Menschen dieses Geschenk göttlicher Liebe nicht achteten und nicht hüteten, sondern aus dem natürlichen Triebe alles Dunkleren heraus dem lichten Gottessohn mit Feindseligkeiten und Haß entgegentraten, so mußte ein zweiter Sendling kommen in dem Menschensohne, der für die grobstoffliche Welt stärker gewappnet ist.
Auch der Menschensohn ist ein Gottgesandter und aus dem Göttlich-Wesenlosen hervorgegangen. Ebenfalls ein Strahlungsvorgang. Er wurde aber vor seiner Sendung in die grobstoffliche Welt in das ewige Urgeistig-Wesenhafte inkarniert, also eng verbunden mit der geistigen Wesensart, aus der das Samenkorn des Menschengeistes stammt! Damit tritt der göttlich-wesenlose Kern dieses zweiten Gesandten dem Menschengeiste in dessen Ursprunge näher, wodurch er auch mehr Schutz und unmittelbare Kraft gegen diesen gewinnt.
Erst von hier aus erfolgte dann seine Sendung in die grobstoffliche Welt, zu einer Zeit, daß er zur rechten Stunde auf den Kampfplatz treten kann, um den um geistige Führung bittenden ernsthaften Gottsuchern den rechten Weg in das Reich des Vaters weisen zu können, und gleichzeitig Schutz zu gewähren vor den Angriffen der ihnen feindlichen Abwärtsstrebenden.
Darum wachet, daß Ihr Ihn erkennet, sobald die Zeit für Ihn gekommen ist; denn Er bringt auch die Zeit für Euch!
Um den Unterschied des Ursprunges zwischen Mensch und Tier klarzumachen, bedarf es einer eingehenderen Zergliederung der Schöpfung als bisher.
Mit den üblichen Schlagwörtern wie »Gruppenseele« des Tieres gegenüber dem persönlichen »Ich« des Menschen ist dabei nicht genug getan, trotzdem es an sich schon ganz richtig gedacht ist. Aber es wird dabei nur das Allgemeine und dem Irdischen Zunächstliegende weitumrissen gezeichnet, jedoch nicht der eigentliche Unterschied genannt.
Es muß hierbei die Entwicklung der Schöpfung bekannt sein, die in dem Vortrage »Schöpfungsentwicklung« erklärt ist.
Der leichteren Übersicht halber seien die Hauptstufen von oben herab einmal wiedergegeben:
| 1. Göttlich: | Göttlich-Wesenlos = Gott Göttlich-Wesenhaft |
| 2. Geistig-Wesenhaft: | Bewußt-Geistig-Wesenhaft Unbewußt-Geistig-Wesenhaft |
| 3. Wesenhaft: | Bewußt-Wesenhaft Unbewußt-Wesenhaft |
| 4. Stofflich: | Feinstofflich Grobstofflich |
Der Mensch hat seinen geistigen Ursprung in dem Unbewußt-Geistig-Wesenhaften. Das Tier dagegen seinen wesenhaften Ursprung in dem Unbewußt-Wesenhaften. Zwischen diesen beiden Stufen ist ein gewaltiger Unterschied. Der belebende Kern des Menschen ist Geist. Der belebende Kern des Tieres aber ist Wesen.
Ein Geist steht in diesem Falle über dem Wesen; der innere Ursprung des Menschen demnach auch höher als der des Tieres, während beide gemeinsam nur den Ursprung des grobstofflichen Körpers haben. Der Geist des Menschen hat jedoch seinen ursprünglich rein tierischen Körper mit der Zeit weiter ausgebildet, als es dem Wesen des Tieres möglich wurde.
Die Lehre der natürlichen Entwicklung des grobstofflichen Körpers von dem niedrigsten Tierkörper angefangen bis zum Menschenkörper ist deshalb richtig. Sie zeigt das in jeder Beziehung lückenlose Aufwärtsarbeiten des schöpferischen Willens in der Natur. Ein Zeichen der Vollkommenheit.
Es ist bei dieser Lehre nur der eine, allerdings auch große Fehler gemacht worden, daß man über das Grobstoffliche nicht hinausging.
Wenn man sagt, der menschliche Körper, also der grobstoffliche Mantel des Menschen, stammt vom Tierkörper ab, der vor dem Menschenkörper da war, so ist das richtig. Diese Körper machen aber weder den Menschen noch das Tier aus, sondern gehören nur als in der Grobstofflichkeit notwendig dazu. Will man aber daraus folgern, daß auch die innere Lebendigkeit des Menschen von der des Tieres abstamme, so ist dies ein unverzeihlicher, irreführender Fehler, der einen Zwiespalt erwecken muß.
Aus diesem Zwiespalt heraus entsteht auch in so vielen Menschen die gesunde Empfindung gegen eine derartige unrichtige Annahme. Einesteils werden sie von der Richtigkeit der Annahme angezogen, die die Körper betrifft, anderenteils wieder abgestoßen von der groben Nachlässigkeit, die ohne weiteres den inneren Ursprung mit hineinverweben will.
Die Wissenschaft konnte allerdings bisher kaum anders als zu sagen, daß in der natürlichen Entwicklung der Mensch schließlich vom Tier, und zunächst von einem affenähnlichen Tier, abstammen muß, das in seiner Form dem menschlichen Körper am nächsten kam, weil sie sich bisher lediglich nur mit dem Stofflichen zu beschäftigen vermochte. Vorwiegend sogar nur mit dem Grobstofflichen, das einen ganz kleinen Teil der Schöpfung ausmacht. Und von diesem kennt sie auch nur die gröbsten Äußerlichkeiten. In Wirklichkeit also verschwindend wenig, so gut wie nichts.
Verschiedenes Wertvollere vermag sie wohl heute endlich zu verwenden, kennt es aber in seinem Eigentlichen noch nicht, sondern muß sich notgedrungen dabei mit einigen Fremdwörtern abfinden, die sie an Stelle des Wissens setzt. Diese Worte bezeichnen lediglich die provisorische Klassifizierung eines bestehenden und schon verwendbaren gewissen Etwas, dessen eigentliche Art man nicht kennt, noch viel weniger den Ursprung.
Das Wesenhafte aber und noch viel mehr das Geistige stehen über allem Stofflichen, sind von der Erde aus nach oben zu die Fortsetzung zum Ursprung alles Bestehenden, oder, was natürlicher ist, von oben herab das dem Stofflichen in der Entwicklung Vorausgegangene.
Es muß bedacht werden, daß alles Geistige, wie auch alles Wesenhafte, selbstverständlich und aus der Entwicklung heraus naturgemäß bedingt den Mantel eines grobstofflichen Körpers braucht, sobald es den Entwicklungsgesetzen gehorchend als bildender Faktor und lebendiger Kern bis in das Grobstoffliche vordringt. Jeder Zwist wird sofort behoben sein, wenn man endlich entweder weiter aufwärts dringt in allem Forschen, also über das Stoffliche hinaus, oder dem natürlichen Entwicklungsgange von oben herab zu folgen vermag.
Die Zeit ist da, wo der Fuß dazu erhoben werden muß. Doch die größte Vorsicht ist dabei geboten, damit geistiges Wissen, das die Logik unverkennbar in sich trägt, nicht unbemerkt in unwissende Phantasie herabgezogen wird. Man muß beachten, daß dem Wesenhaften und dem Geistigen auch nur mit klarem, freiem Geiste gegenübergetreten werden kann, nicht wie im Stofflichen mit Waagen, Seziermessern und Gläsern.
Ebensowenig aber auch mit beengtem Geiste oder Voreingenommenheit, wie es so oft versucht wird. Das verbietet sich nach den bestehenden Schöpfungsgesetzen von selbst in unüberbrückbarer Art. Darin wird eine kleine menschliche Kreatur auch mit der größten Anmaßung nichts an dem in seiner Vollkommenheit ehernen Willen ihres Schöpfers abbiegen können.
Der eigentliche Unterschied zwischen dem Menschen und dem Tiere liegt also lediglich in seinem Inneren. Ein Tier kann auch nur in das Wesenhafte zurückkehren, nachdem es den grobstofflichen Körper abgelegt hat, während ein Mensch in das Geistige zurückkehrt, das viel höher liegt.
Der Mensch vermag wohl in gewisser Beziehung oft herabzusteigen zum Tier, muß aber trotzdem immer Mensch bleiben, da er sich der Verantwortung nicht zu entziehen vermag, die ihren Keim in seinem geistigen Ursprung hat; das Tier mit seinem nur wesenhaften Ursprunge jedoch kann sich niemals zum Menschen emporschwingen. Der Unterschied zwischen den Körpern aber liegt nur in der Form und in der edleren Entwicklung bei dem Menschen, die durch den Geist hervorgerufen wurde, nachdem er in den grobstofflichen Körper eingegangen war. (* Vortrag: »Die Erschaffung des Menschen«)
