Setzt Euch in irgendein Kaffee- oder Bierhaus und beobachtet dort die besetzten Tische Euerer Umgebung. Lauscht auf die Unterhaltungen. Hört, was die Menschen sich zu sagen haben. Geht in Familien, beachtet Eueren engsten Kreis in den Ruhestunden, wenn die Arbeit nicht mehr drängt.
Mit Bestürzung werdet Ihr die Hohlheit alles dessen finden, was die Menschen reden, wenn sie nicht über ihre sonstige Beschäftigung sprechen können. Ihr werdet die Leere der Gedanken, die erdrückende Enge des Interessenkreises, sowie die erschreckende Oberflächlichkeit bis zum Abscheu empfinden, sobald Ihr Euch einmal ernsthaft mit scharfer Beobachtung befaßt.
Die wenigen Ausnahmen, die Euch dabei begegnen, deren Worte in den Ruhestunden des Alltagslebens von Sehnsucht nach seelischer Vervollkommnung durchdrungen sind, werden Euch wie einsame Fremdlinge inmitten eines Jahrmarktlebens erscheinen.
Gerade in den sogenannten Ruhestunden vermögt Ihr das eigentliche Innere des Menschen am leichtesten zu erkennen, nachdem der äußere Halt und das Spezialgebiet seines Wissens mit dem Zurseiteschieben seiner gewohnten beruflichen Tätigkeit weggefallen ist. Was dann übrig bleibt, ist der eigentliche Mensch. Seht Euch diesen an und lauscht als Unbeteiligte auf seine Worte. Sehr bald werdet Ihr die Beobachtungen abbrechen, weil sie Euch unerträglich werden.
Tiefe Traurigkeit kommt über Euch, wenn Ihr erkennt, wie viele Menschen nicht viel anders als die Tiere sind. Nicht ganz so stumpf, mit höherem Intellekt, in der Hauptlinie aber dasselbe. Wie mit Scheuledern gehen sie einseitig durch das Erdenleben und sehen nur immer das rein Irdische vor sich. Sie sorgen für Essen, Trinken, mehr oder weniger Aufspeicherung irdischer Werte, streben nach körperlichen Genüssen und halten alles Nachdenken über Dinge, die sie nicht schauen können, für Verschwendung von Zeit, die sie nach ihrer Meinung zur »Erholung« weit besser verwenden.
Daß das Erdenleben mit allen seinen Genüssen und Freuden erst dann den rechten Inhalt erhält, wenn man mit der dazugehörenden feinstofflichen Welt einigermaßen vertraut ist, die uns mit ihr verbindenden Wechselwirkungen kennt und damit nicht mehr das Gefühl hat, Zufällen preisgegeben zu sein, können und werden sie nicht verstehen. Sie weisen es weit von sich in dem Irrtume, daß ihnen, wenn es eine feinstoffliche Welt wirklich gibt, davon nur Unbequemlichkeiten oder auch Schrecken kommen können, sobald sie sich damit befassen.
Fremd ist ihnen der Gedanke, daß mit dem Höherstreben das ganze Erdenleben erst eigentlichen Wert erhält, daß damit herrlichste Lebenswärme auch alle Erdenfreuden und Genüsse durchpulst. Diese also nicht etwa zur Seite schiebt, sondern den sich nach Reinerem und Höherem Sehnenden und ernsthaft Suchenden als schönste Wechselwirkung glühende Lebensbejahung zu Teil wird, die oft in jubelnder Begeisterung für alles Bestehende und sich Darbietende ausklingt.
Toren, die daran vorübergehen! Feiglinge, denen die herrlichen Freuden eines mutig Vordringenden immer versagt bleiben werden.
Frohlocket doch, daß alles um Euch lebt, bis weit hinaus in scheinbar unermeßliche Gefilde! Nichts ist tot, nichts leer, wie es den Anschein hat. Und alles wirkt und webt an dem Gesetz der Wechselwirkung, in dessen Mitte Ihr als Menschen steht, die Fäden neu zu formen und zu lenken, als Ausgangspunkte und als Endziele, machtvolle Herrscher, von denen jeder einzelne sein Reich sich bildet, daß es ihn emporhebt oder unter sich begräbt.
Wacht auf! Benutzt die Macht, die Euch gegeben ist, in voller Kenntnis des gewaltigen Geschehens, damit Ihr nicht in Dummheit, Starrsinn oder auch in Trägheit nur schädigende Mißgeburten zeugt, die das Gesunde, Gute überwuchern und den Erzeuger selbst zuletzt ins Wanken und zum Stürzen bringen.
Schon die nächste feinstoffliche Umgebung des Menschen vermag viel beizutragen, ihn zu heben oder hinabzudrücken. Es ist dies die sonderbare Welt der Gedankenformen, deren Lebendigkeit nur einen kleinen Teil ausmacht von dem Riesenräderwerk der ganzen Schöpfung. Ihre Fäden aber gehen in das Grobstoffliche, wie weiter in das Feinstoffliche hinauf, ebenso jedoch auch abwärts in das Reich des Dunkels. Wie ein Riesennetz von Adern oder Nervensträngen ist alles ineinander verwoben und verschlungen, unzerreißbar, untrennbar! Darauf achtet!
Begünstigte vermögen hier und da einen Teil davon zu schauen, vieles aber nur zu ahnen. So kam manches schon zur Kenntnis der Menschheit. Diese suchte darauf weiter aufzubauen, um ein vollkommenes Bild zu erhalten. Doch dabei blieben Lücken und Fehler nicht aus. Viele Forscher auf feinstofflichem Gebiete machten Sprünge, die den Zusammenhang verlieren lassen mußten. Andere wieder füllten Lücken mit phantastischen Gebilden aus, die Entstellungen und Verzerrungen brachten, welche den Glauben an das Ganze erschüttern lassen mußten. Die Folge war berechtigter Spott, der, gestützt auf die Unlogik der sogenannten geistigen Forscher, den Sieg davontragen mußte.
Wenn schon davon gesprochen werden soll, so muß in erster Linie eine Schnur durch das ganze Geschehen in dem Schöpfungswerke gezogen werden, an die sich der Beschauer halten kann, an der er emporzuklimmen vermag. Viele ihm unverständliche Vorgänge finden ihren Ausgangspunkt schon in der näheren Umgebung. Ein Blick in die Welt der Gedankenformen müßte ihn manches verstehen lernen lassen, was vorher unerklärlich schien.
Auch die ausübende Gerechtigkeit würde bei Beurteilung mancher Fälle als eigentliche Urheber ganz andere finden, als die von ihr Bezichtigten, und solche in erster Linie mit zur Verantwortung ziehen. Der Schlüssel dazu liegt in dem Zusammenhange des Einzelmenschen mit der Welt der Gedankenformen, die als nächste zu der Erdenmenschheit steht.
Es ist allerdings eine Wohltat für viele, daß sie die Binde tragen, die sie nicht weiter schauen läßt, als ihr irdisch-körperliches Auge es aufzunehmen fähig ist. Die Art der jetzigen Gedankenformen würde sie erschrecken lassen.
Lähmendes Entsetzen würde sich auf viele legen, die jetzt in naiver oder auch leichtsinniger Weise skrupellos dahinleben. Denn jeder gezeugte Gedanke nimmt, wie alles in der feinstofflichen Welt, sofort eine Form an, die den eigentlichen Sinn des Gedankens verkörpert und darstellt.
Die lebendige Schöpfungskraft, die die Menschen durchflutet, rafft durch den geschlossenen Willen eines fertigen Gedankens Feinstoffliches zusammen und schließt es bindend zu einer Form, die dem Willen dieses Gedankens Ausdruck gibt. Also etwas Wirkliches, Lebendiges, das nun Gleichartiges in dieser Welt der Gedankenformen durch das Gesetz der Anziehungskraft der Gleichart anzieht oder sich von solchen anziehen läßt, je nach seiner eigenen Stärke.
Wie ein Gedanke bei seinem Entstehen gleichzeitig mitempfunden wird, schwächer oder stärker, so wird auch sein feinstoffliches Gebilde entsprechendes Leben in sich tragen. Dicht bevölkert ist diese Gedankenwelt. Ganze Zentralen haben sich durch die gegenseitige Anziehungskraft gebildet, von denen durch ihre gesammelte Kraft Beeinflussungen ausströmen auf die Menschen.
In erster Linie immer auf die, die für die Gleichart geneigt sind, die also Ähnliches in sich tragen. Diese werden dadurch gestärkt in ihrem entsprechenden Willen und zu immer erneuter Zeugung ähnlicher Gebilde angeregt, die gleichartig wirkend in die Welt der Gedankenformen treten.
Aber auch andere Menschen, die diese Eigenarten nicht in sich tragen, können davon belästigt und nach und nach dazu herangezogen werden, wenn diese Zentralen durch dauernd neuen Zustrom ungeahnte Kraft erhalten. Geschützt davor sind nur die, die Andersartiges in größerer Stärke besitzen, wodurch eine Verbindung mit Nichtähnlichem unmöglich wird.
Nun sind es aber leider Haß, Neid, Mißgunst, Lüsternheit, Geiz und alle anderen Übel, die durch ihre größere Zahl der Anhänger die stärksten Kraftzentralen in der Welt der Gedankenformen haben. Weniger die Reinheit und die Liebe. Aus diesem Grunde nimmt das Übel mit unheimlicher Schnelligkeit an Ausdehnung zu. Dazu kommt, daß diese Kraftzentralen der Gedankenformen wiederum Verbindungen erhalten mit den gleichartigen Sphären des Dunkels. Von dort werden sie besonders angefacht zu immer stärkerer Wirksamkeit, so daß sie weiterleitend unter der Menschheit förmliche Verheerungen anzurichten vermögen.
Gesegnet soll deshalb die Stunde sein, wo die Gedanken der reinen Liebe unter der Menschheit wieder größeren Platz einnehmen, damit gleichartig starke Zentralen in der Welt der Gedankenformen sich entwickeln, die Zufuhr aus den lichteren Sphären erhalten können und dadurch nicht nur Stärkung den nach dem Guten Strebenden erteilen, sondern auch langsam reinigend auf dunklere Gemüter wirken.
Es ist aber auch noch eine andere Tätigkeit in dieser feinstofflichen Welt zu beobachten: Gedankenformen werden durch die Wünsche des Erzeugers auf bestimmte Personen zugetrieben, denen sie anhaften können.
Sind diese Gedankenformen reiner und edler Art, so bilden sie eine Verschönerung der Person, der sie gelten, verstärken um diese den Schutz der Reinheit und können sie bei Ähnlichkeit der inneren Empfindungen noch weiter heben, zum Aufstieg kräftigen.
Gedanken der Unreinheit aber müssen die Person, der sie gelten, beschmutzen, genau so wie ein grobstofflicher Körper durch Kot und Schlamm beschmutzt wird. Ist ein so angeworfener Mensch innerlich nicht fest verankert mit Zentralen der Lichtströmungen, so kann es ihm geschehen, daß sein Empfinden durch diesen Anwurf von unsauberen Gedanken mit der Zeit verwirrt wird. Es ist dies möglich, weil die anhaftenden unsauberen Gedankenformen Gleichartiges anzuziehen vermögen, wodurch sie, also erstarkt, die Gedanken der umklammerten Person nach und nach vergiften.
Selbstverständlich fällt die Hauptverantwortung auf den Menschen zurück, der die unsauberen Gedanken erzeugte und nach der betroffenen Person durch sein Wünschen oder Begehren ausschickte; denn die Gedankenformen bleiben auch mit dem Erzeuger verbunden, auf diesen entsprechend zurückwirkend.
Deshalb muß allen wahrhaft Suchenden immer wieder zugerufen werden: »Achtet auf die Reinheit Euerer Gedanken!« Setzt Euere ganzen Kräfte dafür ein. Ihr könnt nicht ahnen, was Ihr damit schafft. Es liegt etwas Gewaltiges darin! Wie starke Kämpfer könnt Ihr damit wirken, Bahnbrecher für das Licht und damit für Befreiung Euerer Mitmenschen aus den Schlinggewächsen der Giftfelder in der Welt der Gedankenformen.
Wenn einem Menschen jetzt die Binde von den Augen genommen würde, so daß er in die nächste feinstoffliche Umgebung schauen kann, würde er zuerst erschreckt ein wildes Durcheinander sehen, das ihm bange machen könnte. Aber nur so lange, bis er die Kraft erkennt, die in ihm ruht, mit der er wie mit einem scharfen Schwert sich freie Bahn zu schaffen fähig ist. Mühelos, nur durch sein Wollen.
In hunderttausenden Verschiedenheiten sieht er die Gedankenformen, alle möglichen und für irdische Augen oft unmöglichen Gestaltungen. Jede einzelne aber scharf ausgeprägt genau das zeigend und lebend, was das eigentliche Wollen bei Zeugung des Gedankens gewesen ist. Ungeschminkt, aller künstlichen Bemäntelung bar.
Aber trotz der tausenderlei Arten erkennt man mit der Zeit sofort das Wesen jeder Gedankenform, das heißt, man weiß, wohin sie trotz verschiedener Gestaltungen gehören. Genau wie man einen Menschen vom Tier durch das Gesicht zu unterscheiden vermag oder auch sogar die verschiedenen Menschenrassen an bestimmten Merkmalen des Gesichtes erkennt, genau so haben die Gedankenformen ganz bestimmte Ausdrücke, die klar darauf hinweisen, ob die Form zum Haß, zum Neid, zur Lüsternheit oder zu irgendeiner anderen Grundklasse gehört.
Jede dieser Grundklassen hat ihren bestimmten Stempel, der den einzelnen Gedankenformen als Grundlage ihrer von ihnen verkörperten Eigenschaften aufgedrückt ist, gleichviel, welche äußere Gestaltung diese Formen durch den zeugenden Gedanken angenommen haben. So ist also trotz groteskester Verunstaltungen einer Form zu gräßlichsten Mißbildungen sofort zu erkennen, zu welcher Grundart sie gehört. Mit dieser Erkenntnis hört auch das anscheinend wilde Durcheinander auf, als solches zu erscheinen.
Man sieht die unverrückbare Ordnung und Strenge der die ganze Schöpfung durchströmenden Grundgesetze, die, wenn man sie kennt und sich ihrem Lauf anschmiegend fügt, unabsehbaren Schutz gewähren und großen Segen bringen.
Wer sich diesen Gesetzen aber entgegenstellt, der wird natürlich angegriffen und erfährt, wenn er nicht umgeworfen und zermalmt wird, mindestens scharfe Abschleifungen, die ihn unter Schmerzen und bitteren Erfahrungen selbst so lange umformen, bis er in die Strömung dieser Gesetze paßt und kein Hindernis mehr bedeutet. Erst dann kann er mit emporgetragen werden.
Diese Gedankenformen senden ihre Wirkungen nicht nur auf die Menschheit zurück, sondern sie greifen weiter; denn in die gleiche feinstoffliche Welt der näheren Umgebung gehört auch der größte Teil der Naturwesen. Wer sich einmal mit der Tatsache abgefunden hat, daß alles lebt und damit auch alles in Formen ist, ob es irdisch sichtbar oder nicht sichtbar erscheint, dem wird es kein schwerer Schritt sein, sich vorzustellen, daß auch Elementarkräfte geformt sind.
Zu diesen gehören die schon von vielen — früher mehr als jetzt — geschauten Gnomen, Elfen, Sylphen, Nixen usw., Erd‑, Luft‑, Feuer‑ und Wasserwesen. Sie werden beeinflußt von den Gedankenformen, wodurch auch wiederum viel Heil oder Unheil entsteht. Und so geht es weiter. Eins greift in das andere, wie bei dem Räderwerk eines bis zur höchsten Kunst vollendeten Mechanismusses.
Inmitten all dieses Getriebes aber steht der Mensch! Ausgerüstet mit den Mitteln, die Art der Gewebe anzugeben, die aus dem Wirken in der Schöpfung hervorgehen sollen, das Räderwerk nach verschiedenen Richtungen hin einzustellen.
Seid Euch dieser unermeßlichen Verantwortung bewußt; denn alles spielt sich nur in dem eigenen Kreise Eueres Erdenbannes ab. Darüber hinaus geht nach der weisen Einrichtung des Schöpfers nichts, sondern es kommt nur auf Euch selbst zurück. Ihr vermögt das Dies- und Jenseits der Erde zu vergiften durch Euer Wünschen, Denken und Wollen, oder auch reinigend emporzuheben, dem Lichte zu. Deshalb werdet Lenker des Geschickes, das nach oben führt, durch Reinheit Euerer Gedanken!
Wie oft wird dieser Ausspruch des Gottessohnes weitergegeben als wohlgemeinter Rat und Warnung, wobei aber weder der Ratgeber noch der, dem dieser Rat gegeben wird, sich die Mühe nehmen, darüber nachzudenken, was mit diesen Worten eigentlich gesagt sein soll.
Was unter Beten zu verstehen ist, weiß ein jeder Mensch, oder, besser gesagt, er glaubt es zu wissen, trotzdem er es in Wirklichkeit nicht weiß. Auch das Wachen wähnt er genau zu verstehen und ist doch weit entfernt davon.
»Wachet und betet« ist die bildliche Wiedergabe für die Mahnung zur Regsamkeit der Empfindungsfähigkeit, also zur Tätigkeit des Geistes! Geist im wahren Sinne, nicht etwa als Gehirntätigkeit genommen; denn die Ausdrucksweise des lebendigen Menschengeistes ist einzig und allein die Empfindung. In nichts anderem betätigt sich der Geist des Menschen, also sein Ursprungskern, der zu dem eigentlichen »Ich« sich geformt hat in der Wanderung durch die Nachschöpfung.
»Wache und bete« heißt also nichts anderes als die Forderung zur Verfeinerung und Verstärkung der Empfindungsfähigkeit des Erdenmenschen, gleichbedeutend mit Lebendigmachung des Geistes, der der einzige Ewigkeitswert des Menschen ist, welcher allein zurückzukehren vermag in das Paradies, von dem er ausgegangen ist. Er muß dorthin zurück, entweder als gereift sich selbst bewußt, oder als wieder unbewußt geworden, als ein lebendes, lichtgewolltes, in der Schöpfung nutzbar gewordenes Ich, oder als ein zerrissenes, getötetes Ich, wenn es in der Schöpfung unbrauchbar war.
Die Mahnung des Gottessohnes »Wache und bete« ist deshalb eine der ernstesten, die er den Erdenmenschen hinterließ. Gleichzeitig eine drohende Warnung dafür, nützlich in der Schöpfung zu stehen, so daß nicht die Verdammung folgen muß in selbsttätigem Wirken göttlicher Gesetze in der Schöpfung.
Sehet das Weib! Es hat als höchstes Gut der Weiblichkeit in der Empfindung eine Zartheit, die sonst kein Geschöpf erreichen kann. Deshalb sollte man aber nur von edler Weiblichkeit in dieser Schöpfung sprechen können, weil Weiblichkeit die stärksten Gaben zur Verwirklichung von allem Guten in sich trägt.
Damit ruht aber auch die größte der Verantwortungen auf der Frau. Aus diesem Grunde hat Luzifer mit den ganzen Scharen, die ihm angehören, sein Hauptziel auf das Weib gerichtet, um damit die ganze Schöpfung seiner Macht zu unterwerfen.
Und Luzifer fand bei der Frau der Nachschöpfung leider nur allzu leichtfertigen Boden. Offenen Auges flog sie ihm entgegen und vergiftete in ihrer Art die ganze Nachschöpfung durch Umstellung reiner Begriffe in verzerrte Spiegelbilder, die Verwirrung unter allen Menschengeistern nach sich ziehen mußte.
Die reine Blüte edler Weiblichkeit als Krone dieser Nachschöpfung erniedrigte sich selbst durch Einfluß des Versuchers schnell zu einer Giftpflanze, welche schimmernde Farben trägt und mit lockendem Dufte alles nach der Stelle zieht, auf welcher sie gedeiht, dem Sumpf, in dessen schwüle Weichheit die also Herangezogenen versinken.
Wehe der Frau! Da ihr die höchsten aller Werte wurden, die sie nicht richtig verwandte, muß sie die erste sein, auf die das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit herniedersaust, wenn sie sich nicht entschließt, mit der ihr eigenen Beweglichkeit der geistigen Empfindung nun voranzugehen bei dem notwendigen Aufstiege der Erdenmenschheit aus den Trümmern eines falschen Aufbaues verdorbener Begriffe, die nur durch Einflüsterung Luzifers erstanden.
Das Erdenweib setzte an Stelle vorbildlichen Strebens nach dem Schmuck der weißen Blüte edler Reinheit die Gefallsucht und die Eitelkeit, die ihren Tummelplatz in einem verkehrt gezüchteten Gesellschaftsleben fanden.
Die Frau fühlte wohl, daß ihr der wahre Schmuck der Weiblichkeit dabei verlorenging, und griff zu dem vom Dunkel ihr gebotenen Ersatz, indem sie ihre Körperreize feilzubieten suchte, zu dem schamlosen Modenarren wurde, wodurch sie nur noch weiter in die Tiefe trieb, die Männer mit sich reißend durch Verstärkung deren Triebe, was die Entfaltung ihres Geistes hindern mußte.
Doch damit pflanzten sie in sich den Keim, der nun in dem notwendigen Gericht sie alle wechselwirkend ins Verderben stürzen muß, die also fehlten und zu faulen Früchten dieser Schöpfung wurden, weil sie damit unfähig wurden, den heranbrausenden, reinigenden Stürmen standzuhalten.
Es soll sich keiner an den Anbetern des Götzen Eitelkeit und der Gefallsucht seine Hände schmutzig machen, wenn diese zur Errettung aus den Nöten darnach greifen wollen. Laßt sie sinken und stoßt sie zurück, es ist kein Wert in ihnen, der verwendet werden könnte zu dem neuen Aufbau, der verheißen ist.
Sie sehen nicht das Lächerliche und das Hohle ihres Tuns. Ihr Lachen und ihr Spott aber über die Wenigen, welche den Anstand und die Reinheit wahrer Weiblichkeit noch zu erhalten suchen vor sich selbst, welche die schönste Zier des Mädchens und der Frau, das zarte Schamgefühl, sich nicht ertöten ließen, der Spott darüber soll nun bald in Schmerzensschreie übergehen und darin verstummen!
Die Frau der Nachschöpfung steht wie auf eines Messers Schneide durch die hohen Gaben, welche sie empfing. Rechenschaft hat sie nunmehr abzulegen darüber, was sie damit bisher tat. Für diese gibt es keinerlei Entschuldigung! Rückkehr und Umkehr ist unmöglich; denn die Zeit ist um. Sie alle hätten früher daran denken sollen und wissen, daß nicht ihre Meinung dem ehernen Gotteswillen gegenübertreten kann, in welchem nur die Reinheit ruht, klar wie Kristall. —
Die Frau der Zukunft aber, die sich mit ihren Werten retten konnte durch die Zeit des wüsten Lebens eines Sodom und Gomorra in der Jetztzeit, und die, die neu geboren werden wird, sie wird die Weiblichkeit endlich zu jener Blüte bringen, der sich alles nur mit der heiligen Scheu reinster Verehrung nahen kann. Sie wird die Frau sein, die nach dem göttlichen Willen lebt, das heißt, so in der Schöpfung steht, daß sie als die strahlende Krone gilt, die sie sein kann und soll, alles durchflutend mit den Schwingungen, welche sie aufnimmt aus den lichten Höhen und unverdunkelt weitergeben kann kraft ihrer Fähigkeit, die in der Zartheit weiblicher Empfindung liegt.
Das Wort des Gottessohnes »Wachet und betet« wird verkörpert sein in jeder Frau der Zukunft, wie es bereits verkörpert sein sollte in jeder Frau der Gegenwart; denn in dem Schwingen weiblicher Empfindungsfähigkeit liegt, wenn sie der Reinheit und dem Licht entgegenstrebt, das andauernde Wachen und das schönste Beten, das Gott wohlgefällig ist!
Ein solches Schwingen bringt Erleben dankerfüllter Freude! Und das ist das Gebet, wie es sein soll! Das Schwingen birgt aber auch gleichzeitig ein stetes Auf-der-Hut-Sein, also Wachen! Denn jedes Unschöne, das sich zu nähern sucht, und jedes üble Wollen wird von derartigen Schwingungen zarter Empfindsamkeit schon aufgenommen und bemerkt, noch ehe es sich in Gedanken formen kann, und dann ist es dem Weibe leicht, sich noch und stets zu rechter Zeit zu schützen, wenn es nicht selbst es anders will.
Und trotz der Feinheit dieser Schwingungen liegt eine Kraft darin, die alles in der Schöpfung umzuformen fähig ist. Nichts gibt es, was ihr widerstehen könnte; denn diese Kraft birgt Licht und damit Leben!
Das wußte Luzifer sehr wohl! Und deshalb wandte er sich auch hauptsächlich mit den Angriffen und den Versuchungen an alle Weiblichkeit! Er wußte, daß ihm alles zufiel, wenn er nur das Weib gewann. Und leider, leider ist es ihm gelungen, wie ein jeder heute deutlich sehen kann, wer sehen will!
In erster Linie gilt der Ruf des Lichtes deshalb wiederum dem Weibe! Es müßte nun erkennen, welche tiefe Stufe es jetzt eingenommen hat. Müßte, wenn ... es die Eitelkeit zuließe. Doch dieser Fallstrick Luzifers hält alles Weibliche im Bann, so fest, daß es sogar das Licht nicht mehr erkennen kann, ja, nicht mehr will! Nicht will, weil die moderne Frau der Jetztzeit sich von ihrer leichtfertigen Tändelei nicht trennen kann, trotzdem sie in sich dunkel schon empfindet, was sie damit verloren hat. Sie weiß es sogar ganz genau! Und um diese dem Wissen gleichkommende, mahnende Empfindung zu betäuben, rennt sie wie blind gepeitscht der neuen Lächerlichkeit verblendet entgegen, mannbar zu werden im Beruf und in dem ganzen Wesen!
Anstatt zurückzukehren zu der echten Weiblichkeit, dem köstlichsten der Güter in der ganzen Schöpfung! Und damit zu der Aufgabe, die ihr vom Lichte aus bestimmt!
Sie ist es, die damit dem Manne alles Hehre raubt und damit auch das Aufblühen der edlen Männlichkeit verhindert.
Dort, wo der Mann nicht aufzublicken fähig ist zum Weibe in deren Weiblichkeit, vermag keine Nation, kein Volk emporzublühen!
Nur echte, reinste Weiblichkeit kann einen Mann zu großen Taten führen und erwecken! Nichts anderes. Und das ist der Beruf der Frau in der Schöpfung nach göttlichem Willen! Denn damit hebt sie Volk und Menschheit, ja, die ganze Nachschöpfung; denn in ihr ganz allein liegt diese hohe Kraft des sanften Wirkens! Eine Macht, unwiderstehlich und bezwingend, gesegnet von göttlicher Kraft dort, wo sie reinsten Wollens ist! Nichts kommt ihr gleich; denn sie trägt Schönheit in der reinsten Form bei allem, was sie wirkt, was von ihr ausgeht!
Deshalb soll ihr Weben durch die ganze Schöpfung ziehen, erfrischend, hebend, fördernd und belebend wie ein Hauch aus dem ersehnten Paradies!
Nach dieser Perle in den Gaben Eures Schöpfers griff Luzifer nun zuerst mit aller List und aller Tücke, wissend, daß er damit Euren Halt und Euer Streben nach dem Licht zerriß! Denn in dem Weibe liegt das kostbare Geheimnis, das in der Schöpfung auszulösen fähig ist die Reinheit und die Erhabenheit aller Gedanken, den Aufschwung zu dem größten Schaffen, dem edelsten Tun ... vorausgesetzt, daß dieses Weib so ist, wie es der Schöpfer wollte, indem er es mit diesen Gaben überschüttete.
Und Ihr ließt Euch nur zu leicht betören! Seid den Versuchungen ganz ohne Kampf erlegen. Als die willige Sklavin Luzifers lenkt nun die Frau die Auswirkung der schönen Gottesgaben in das Gegenteil und macht damit die ganze Nachschöpfung dem Dunkel untertan!
Es sind wüste Zerrbilder von allem dem vorhanden, was Gott in dieser Schöpfung zu der Freude und zum Glücke aller Geschöpfe erstehen lassen wollte! Wohl ist alles erstanden, aber unter dem Einflusse Luzifers verändert und verbogen, falsch!
Die Frau der Nachschöpfung gab sich dazu als Mittler her! Über dem klaren Boden der Reinheit wurde schwüler Sumpf errichtet. Strahlende Begeisterung mit Sinnenrausch vertauscht. Jetzt wollt Ihr kämpfen, aber gegen jede Forderung des Lichtes! Um in dem Taumel eitler Selbstgefälligkeiten zu verbleiben, der Euch trunken macht!
Es sind nicht viele mehr, die heute einem klaren Blicke standzuhalten fähig bleiben. Die größte Zahl entpuppt sich als Aussätzige, deren Schönheit, also wahre Weiblichkeit, bereits zerfressen ist, was nie mehr wiederherzustellen geht. Ein Ekel wird so vielen kommen vor sich selbst, wenn sie doch noch gerettet werden können und nach Jahren dann zurückdenken an alles das, was sie heute als schön und gut ansehen. Es wird wie ein Erwachen und Genesen aus den schwersten Fieberträumen sein!
So wie aber die Weiblichkeit die ganze Nachschöpfung tief herabzuziehen fähig war, so hat sie auch die Kraft, sie wiederum zu heben und zu fördern, da der Mann ihr darin nachfolgt.
Bald wird dann nach der Reinigung die Zeit herbeikommen, in der man freudig rufen kann: »Sehet das Weib, wie es sein soll, das echte Weib in aller seiner Größe, edelsten Reinheit und Macht«, und Ihr erlebt an ihm das Christuswort »Wachet und betet« in aller Natürlichkeit und in der schönsten Form!
Ehen werden im Himmel geschlossen! Dieser Satz wird oft mit Grimm und Bitterkeit von Verheirateten gerufen. Aber er wird auch gleisnerisch von solchen angewendet, die vom Himmel am weitesten entfernt sind. Die natürliche Folge ist, daß man über diesen Spruch nur noch die Achseln zuckt, lächelt, spottet und sogar auch höhnt.
Im Hinblick auf alle die Ehen, die ein Mensch im Laufe der Jahre in seiner nächsten und weiteren Umgebung kennenlernt, wird dies verständlich. Die Spottenden haben recht. Nur würde es besser sein, nicht über den Ausspruch zu spotten, sondern über die Ehen selbst! Diese sind es, denen in der Mehrzahl nicht nur Spott und Hohn, sondern sogar Verachtung gebührt.
Die Ehen, wie sie heute sind und wie sie schon vor Hunderten von Jahren waren, machen die Wahrheit des Spruches zuschanden, lassen niemand daran glauben. Sie sind mit leider nur sehr seltenen Ausnahmen ein ausgesprochen unsittlicher Zustand, dem ein Ende zu bereiten nicht schnell genug geschehen kann, um Tausende vor dieser Schande zu bewahren, in die sie der Gepflogenheit der Jetztzeit entsprechend blind hineinrennen. Sie wähnen, daß es nicht anders sein kann, weil es so üblich ist. Dazu kommt, daß gerade in der Jetztzeit alles bis zur Schamlosigkeit darauf zugeschnitten ist, jede reinere Empfindung zu trüben und zu ersticken. Kein Mensch denkt daran, die Persönlichkeit auch durch Ehrfurcht dem Körperlichen gegenüber zu dem zu machen, was sie sein sollte, sein kann und sein muß.
Der Körper hat gleich der Seele etwas Kostbares, deshalb Unantastbares zu sein, das man nicht zur Anlockung zur Schau stellt. Und deshalb läßt sich auf Erden auch in dieser Beziehung der Körper von der Seele nicht trennen. Beides ist gleichzeitig als Unantastbares zu achten und zu bewahren, wenn es irgendeinen Wert haben soll. Sonst wird es Plunder, an dem man sich beschmutzt, dem nur gebührt, in die Ecke geworfen zu werden, um dem ersten besten vorüberziehenden Trödler billig anzugehören.
Ergießt sich heute ein Heer solcher Trödler und Aufkäufer über die Erde, so finden sie ungeahnte Mengen dieses Plunders. Jeder Schritt bringt ihnen neue Ansammlungen, die schon ihrer harren. Und solche Aufkäufer und Trödler ziehen tatsächlich schon in dichten Scharen umher. Sie sind die Gesandten und Werkzeuge der Finsternis, die gierig die wohlfeile Beute an sich reißen, um sie weiter und weiter triumphierend hinabzuführen in ihr dunkles Reich, bis alles über ihnen schwarz zusammenschlägt und sie den Weg zum Licht nie mehr zurückfinden können.
Es ist kein Wunder, daß alles lacht, sobald noch jemand ernsthaft davon spricht, daß Ehen im Himmel geschlossen werden!
Die staatliche Eheschließung ist nichts anderes als ein nüchterner Geschäftsakt. Die sich dadurch Verbindenden nehmen ihn vor, nicht etwa um gemeinsam ernsthaft an ein Werk heranzutreten, das den inneren und äußeren Wert der beteiligten Personen hebt, das sie gemeinsam hohen Zielen zustreben läßt, und somit sich selbst, der Menschheit, sowie der ganzen Schöpfung zum Segen gereicht, sondern als einfachen Vertrag, mit dem sie sich gegenseitig materiell sicherstellen, damit die beiderseitige körperliche Preisgabe ohne rechnerische Bedenken erfolgen kann.
Die Frau nimmt dabei eine entwürdigende Stellung ein. In achtzig von hundert Fällen verdingt oder verkauft sie sich einfach in den Dienst des Mannes, der nicht einen gleichwertigen Kameraden in ihr sucht, sondern außer einem Schauobjekt eine billige und willige Wirtschafterin, die ihm das Heim behaglich macht, mit der er auch unter dem Deckmantel einer falschen Ehrenhaftigkeit gemeinsam den Begierden ungestört frönen kann.
Aus den nichtigsten Gründen verlassen junge Mädchen oft das Elternhaus, um eine Ehe einzugehen. Manchmal sind sie des Elternhauses müde, sehnen sich nach einem Wirkungskreise, in dem sie selbst bestimmen können. Andere denken es sich reizvoll, eine junge Frau zu spielen, oder erhoffen mehr Bewegtheit im Leben. Sie glauben vielleicht auch in bessere materielle Verhältnisse zu kommen.
Ebenso gibt es Fälle, wo junge Mädchen aus Trotz heraus eine Ehe eingehen, um damit einen anderen zu ärgern. Auch rein körperliche Triebe geben die Veranlassung zum Eheschluß. Durch falsche Lektüre, falsche Unterhaltung und Spielerei wurden sie erweckt und künstlich großgezogen.
Selten ist es wirkliche seelische Liebe, die sie zu diesem ernstesten aller Schritte im Erdenleben veranlaßt. Die Mädchen sind unter treuer Assistenz vieler Eltern angeblich »zu klug«, um sich nur von reineren Empfindungen leiten zu lassen, rennen aber damit erst recht in das Unglück hinein. Solche haben ihren Lohn für diese Oberflächlichkeit zum Teil schon in der Ehe selbst. Zum Teil aber nur! Das bittere Erleben der Wechselwirkung als Folge solcher falschen Ehen kommt viel später; denn das Hauptübel dabei liegt in der Versäumnis, die damit im möglichen Fortschritte leichtsinnig herbeigeführt wird.
So manches Erdenleben ist dadurch für den eigentlichen Zweck des persönlichen Seins vollkommen verloren. Es bringt sogar noch einen schweren Rückgang, der mühsam wieder nachgeholt werden muß.
Wie anders, wenn eine Ehe auf rechter Grundlage geschlossen ist und harmonisch sich gestaltet! Freudig, einer im freiwilligen Dienste des anderen, wachsen sie aneinander empor zu geistiger Veredelung, Schulter an Schulter lächelnd den irdischen Mühsalen entgegenblickend. Die Ehe wird dann zum Gewinn fürs ganze Sein, aus Glück heraus. Und in dem Glücke ruht ein Aufschwung nicht nur für die einzelnen, sondern für die ganze Menschheit!
Wehe deshalb den Eltern, die ihre Kinder durch Überredung, List oder Zwang aus Vernunftsgründen in falsche Ehen treiben. Die Wucht der Verantwortung, die darin weiter greift als nur für ihr Kind, fällt früher oder später so nachhaltig auf sie, daß sie wünschen, nie auf solche »glänzenden Gedanken« gekommen zu sein.
Die kirchliche Eheschließung nun wird von vielen nur als ein Teil einer rein irdischen Feier angesehen. Die Kirchen selbst oder deren Vertreter wenden das Wort an: »Was Gott zusammengefügt, das soll der Mensch nicht scheiden!«
Religiösen Kulten liegt der Grundgedanke vor, daß die beiden Eheschließenden durch diese Handlung einer Trauung von Gott zusammengefügt werden. »Fortgeschrittene« nehmen statt dessen auch den Sinn, daß die beiden Eheschließenden damit vor Gott zusammengefügt werden. Die letzte Deutung hat immer noch mehr Berechtigung als die erste.
Gewollt ist aber mit diesen Worten eine derartige Deutung nicht! Sie sollen etwas ganz anderes sagen. Es ist dabei die Tatsache zu Grunde gelegt, daß Ehen wirklich im Himmel geschlossen sind.
Werden von diesem Satze alle falschen Begriffe und Deutungen entfernt, so hört sofort jede Ursache zum Lachen, Spotten oder Höhnen auf, und der Sinn liegt in seinem ganzen Ernste und seiner unabänderlichen Wahrheit vor uns. Die natürliche Folge ist aber dann auch die Erkenntnis, daß die Ehen ganz anders gemeint und gewollt sind, als die heutigen es sind, das heißt, daß ein Eheschluß nur unter ganz anderen Voraussetzungen, mit ganz anderen Ansichten und Überzeugungen und mit ganz reinen Absichten erfolgen darf.
»Die Ehen werden im Himmel geschlossen« zeigt in erster Linie, daß schon bei Eintritt in das irdische Leben ein jeder Mensch bestimmte Eigenschaften mitbringt, deren harmonische Entwicklung nur Menschen mit den dazu passenden Eigenschaften bewirken können. Dazu passende Eigenschaften sind aber nicht die gleichen, sondern solche, die ergänzen und durch diese Ergänzung vollwertig machen.
In der Vollwertigkeit aber erklingen alle Saiten in einem harmonischen Akkord. Wird nun der eine Teil durch den anderen vollwertig gemacht, so wird auch dieser andere dazukommende Teil durch den zweiten ebenso vollwertig, und in dem Zusammenschluß beider, also in dem Zusammenleben und Wirken, wird dieser harmonische Akkord erklingen. So ist die Ehe, die im Himmel geschlossen ist.
Damit ist aber nicht gesagt, daß für einen Menschen zu einer harmonischen Ehe nur ein ganz bestimmter anderer Mensch auf Erden befähigt ist, sondern es sind meistens einige da, die die Ergänzung des anderen Teiles in sich tragen.
Man braucht also nicht etwa Jahrzehnte um die Erde zu wandern, um diesen zweiten, wirklich passenden und ergänzenden Teil zu finden. Es heißt nur, den nötigen Ernst dazu zu verwenden, Augen, Ohren und Herz offen zu halten, vor allem von den bisher als Vorbedingung zu einer Ehe gestellten Forderungen abzusehen. Gerade das, was heute gilt, soll nicht sein.
Gemeinsame Arbeit und hohe Ziele bedingt eine gesunde Ehe ebenso unerläßlich, wie ein gesunder Körper die Bewegung und frische Luft. Wer auf Bequemlichkeit und möglichste Sorglosigkeit rechnet und darauf das Zusammenleben aufzubauen sucht, wird zuletzt nur Ungesundes mit allen Nebenerscheinungen ernten. Deshalb sucht endlich Ehen einzugehen, die im Himmel geschlossen sind. Dann wird das Glück Euch finden!
Das im Himmel geschlossen sein bedeutet, vor oder mit Eintritt in das Erdenleben schon füreinander vorgesehen zu sein. Das Vorgesehensein liegt aber nur in den mitgebrachten Eigenschaften, mit denen sich zwei gegenseitig voll ergänzen. Solche sind dadurch füreinander bestimmt.
Bestimmtsein kann man aber ebensogut auch ausdrücken mit »füreinander passen«, sich also wirklich ergänzen. Darin liegt die Bestimmung.
»Was Gott zusammengefügt, das soll der Mensch nicht scheiden.«
Das Nichtverstehen dieses Wortes Christi hat schon so manches Unheil angerichtet. Viele wähnten bisher unter: »was Gott zusammengefügt« den Eheschluß. Dieser hat mit dem Sinn der Worte bisher so gut wie nichts zu tun gehabt. Das, was Gott zusammengefügt, ist ein Bund, in dem die Bedingungen erfüllt sind, die eine volle Harmonie erfordert, der also im Himmel geschlossen ist. Ob darüber nun die staatliche und kirchliche Erlaubnis erteilt wurde oder nicht, ändert an der Sache nichts.
Selbstverständlich ist es notwendig, sich dabei auch in die staatliche Ordnung einzufügen. Wird dann eine Trauung bei einem so geschlossenen Bund noch nach dem jeweiligen religiösen Kult in entsprechender Andacht vorgenommen, so ist es ganz natürlich, daß dieser Bund durch die innere Einstellung der Beteiligten eine noch viel höhere Weihe erhält, die wirklichen und starken geistigen Segen über das Paar bringt. Eine solche Ehe ist dann wirklich von und vor Gott zusammengefügt und im Himmel geschlossen.
Nun folgt die Warnung: »das soll der Mensch nicht scheiden!« Wie klein ist auch der hohe Sinn dieser Worte herabgedrückt worden.
Dabei liegt die Wahrheit doch so klar zutage! Wo immer auch ein Bund sich findet, der im Himmel geschlossen ist, das heißt, wo zwei sich so ergänzen, daß ein voller harmonischer Akkord entsteht, dort soll kein Dritter versuchen, eine Trennung herbeizuführen. Sei es, um Mißklang hineinzubringen, eine Vereinigung unmöglich zu machen oder eine Trennung herbeizuführen, gleichviel, ein solches Unterfangen wäre Sünde. Ein Unrecht, das sich in seiner Wechselwirkung schwer an den Urheber heften muß, da zwei Menschen gleichzeitig davon betroffen werden, und mit diesen auch der Segen, der durch ihr Glück sich ausgebreitet hätte in die grob- und feinstoffliche Welt.
Es ist in diesen Worten eine schlichte Wahrheit, die sich nach allen Seiten kenntlich macht. Die Warnung ist zum Schutze nur solcher Bündnisse, die durch die schon vorher erwähnten Vorbedingungen im Himmel geschlossen sind, wofür sie ihre Bestätigung durch die mitgebrachten beiderseitig sich ergänzenden seelischen Eigenschaften haben.
Zwischen solche soll sich kein Dritter drängen, auch nicht die Eltern! Den beiden Beteiligten selbst wird es nie einfallen, eine Trennung zu wünschen. Die ihnen durch ihre gemeinsamen seelischen Eigenschaften zu Grunde gelegte göttliche Harmonie läßt einen solchen Gedanken nicht aufkommen. Ihr Glück und die Beständigkeit ihrer Ehe ist damit von vornherein gewährleistet.
Wird ein Antrag auf Scheidung von einem der Ehegatten gestellt, so gibt dieser damit den besten Beweis, daß die notwendige Harmonie nicht zu Grunde liegt, die Ehe also auch nicht im Himmel geschlossen sein kann. In solchem Falle sollte eine Ehe unbedingt geschieden werden; zur Hebung des sittlichen Selbstbewußtseins beider auf solcher ungesunden Stufe lebenden Ehegatten.
Derartige falsche Ehen bilden jetzt die große Mehrzahl. Dieser Übelstand liegt vorwiegend an dem moralischen Rückgange der Menschheit sowie in der herrschenden Anbetung des Verstandes.
Das Scheiden dessen, was Gott zusammengefügt, betrifft aber nicht nur die Ehe, sondern auch schon das vorhergehende Sichnähern zweier Seelen, die durch die sich ergänzenden Eigenschaften nur Harmonie entwickeln können, also füreinander bestimmt sind. Ist dann ein solcher Bund geschlossen, und ein Dritter versucht sich hineinzuzwängen durch Verleumdung oder ähnliche bekannte Mittel, so ist diese Absicht schon der vollendete Ehebruch!
Der Sinn der Worte: »Was Gott zusammengefügt, das soll der Mensch nicht scheiden«, ist so einfach und klar, daß schwer zu begreifen ist, wie hierüber eine irrige Auffassung auftauchen konnte. Es war das nur möglich durch unrichtige Trennung der geistigen Welt von der irdischen Welt, wodurch beschränkte Verstandesauffassung zur Geltung kommen konnte, die noch nie wirkliche Werte zeitigte.
Aus dem Geistigen wurden diese Worte gegeben, nur aus dem Geistigen können sie deshalb ihre wahre Erklärung finden!
Viele Kinder leben den Eltern gegenüber in einem unseligen Wahne, der für sie zum größten Schaden wird. Sie glauben den Eltern die Veranlassung zu ihrem eigenen Erdensein aufbürden zu können. Oft hört man die Bemerkung: »Selbstverständlich müssen meine Eltern für mich sorgen; denn sie haben mich ja in die Welt gesetzt. Meine Schuld ist es nicht, daß ich da bin.«
Etwas Törichteres kann gar nicht gesagt werden. Ein jeder Mensch ist auf sein eigenes Bitten hin auf dieser Erde, oder auf seine eigene Schuld hin! Eltern geben lediglich die Möglichkeit der Inkarnierung, weiter nichts. Und jede inkarnierte Seele muß dankbar sein, daß ihr die Möglichkeit dazu gegeben wurde!
Die Seele eines Kindes ist weiter nichts als Gast bei seinen Eltern. In dieser Tatsache allein schon liegt genug Erklärung, um zu wissen, daß ein Kind in Wirklichkeit keinerlei Rechte den Eltern gegenüber geltend machen kann! Geistige Rechte an die Eltern hat es nicht! Irdische Rechte aber sind ja lediglich aus der rein irdischen, gesellschaftlichen Ordnung hervorgegangen, die der Staat vorsieht, damit er selbst keine Verpflichtungen zu übernehmen braucht.
Das Kind ist geistig eine für sich abgeschlossene Persönlichkeit! Außer dem irdischen Körper, der als Werkzeug zur Betätigung auf dieser grobstofflichen Erde nötig ist, hat es nichts von den Eltern empfangen. Also nur eine Behausung, welche die schon vorher selbständige Seele benützen kann.
Doch durch die Zeugung übernehmen Eltern die Verpflichtung, die damit geschaffene Behausung zu pflegen und instand zu halten, bis die Seele, die davon Besitz genommen hat, die Unterhaltung selbst zu übernehmen fähig ist. Den Zeitpunkt dafür zeigt der natürliche Werdegang des Körpers selbst. Was darüber hinaus geschieht, ist von den Eltern ein Geschenk.
Die Kinder sollten deshalb endlich einmal aufhören, sich auf die Eltern zu verlassen, und lieber daran denken, daß sie selbst so bald als irgend möglich sich auf eigene Füße stellen.
Es ist dabei natürlich gleichgiltig, ob sie sich in dem Elternhause selbst betätigen, oder außerhalb. Aber Betätigung muß sein, die nicht in Vergnügungen und Erfüllung sogenannter Gesellschaftspflichten bestehen darf, sondern in einer bestimmten wirklichen und nützlichen Pflichterfüllung, derart, daß die betreffende Betätigung durch eine andere, besonders dafür eingestellte Person ausgeführt werden müßte, wenn das Kind diese Arbeit nicht mehr erledigt. Nur so kann von einem nützlichen Sein auf der Erde gesprochen werden, das Reife des Geistes nach sich zieht!
Erfüllt ein Kind im Elternhause eine derartige Aufgabe, gleichviel, ob es männlichen oder weiblichen Geschlechtes ist, so soll ihm von den Eltern aus aber auch der Lohn werden, der einer fremden dafür angestellten Person zukommen müßte. Mit anderen Worten: Das Kind muß dann in seiner Pflichterfüllung auch als wirklich selbständiger Mensch beachtet und behandelt werden.
Schlingen sich um Eltern und Kinder besondere Bande der Liebe, des Vertrauens und der Freundschaft, so ist es um so schöner für beide Teile; denn dann ist dies ein freiwilliges Verbundensein, aus innerer Überzeugung heraus, und deshalb um so wertvoller! Dann ist es echt und hält verbunden auch für das Jenseits, zur gegenseitigen Förderung und Freude.
Familienzwang und Familiengepflogenheiten aber sind ungesund und verwerflich, sobald eine gewisse Altersgrenze der Kinder überschritten ist.
Es gibt natürlich auch keine sogenannten Verwandtschaftsrechte, auf welche namentlich Tanten, Onkel, Basen und Vettern, und was sich sonst noch alles verwandtschaftlich herauszuschälen sucht, sich so oft stützen. Gerade diese Verwandtschaftsrechte sind ein verwerflicher Mißbrauch, der einem in sich selbst abgeschlossenen Menschen stets zum Ekel sein muß.
Aus Überlieferungen heraus ist dies leider zur Gewohnheit geworden, derart, daß gewöhnlich ein Mensch gar nicht anders zu denken versucht und sich still darein fügt, wenn auch mit Abneigung. Wer aber einmal den kleinen Schritt wagt und frei darüber nachdenkt, dem kommt das alles aus der Tiefe der Seele heraus so lächerlich vor, so widerlich, daß er sich empört abwendet von den damit geschaffenen Anmaßungen.
Mit solchen widernatürlichen Dingen muß einmal aufgeräumt werden! Sobald ein frischer und gesunder Menschenschlag in sich erwacht, werden derartige Mißbräuche dann sowieso nicht mehr ertragen, weil sie gegen jeden gesunden Sinn stehen.
Aus solchen gekünstelten Verzerrungen des natürlichen Lebens könnte ja auch nie etwas wirklich Großes erstehen, da die Menschen dabei viel zu unfrei bleiben. In diesen anscheinenden Nebensachen liegt gewaltiges Gebundensein.
Hier muß die Freiheit einsetzen, indem der Einzelmensch sich losreißt von unwürdiger Gepflogenheit! Wahre Freiheit liegt nur in der rechten Pflichterkennung, die verbunden bleibt mit freiwilliger Pflichterfüllung! Pflichterfüllung ganz allein gibt Rechte! Dies bezieht sich auch auf Kinder, denen ebenfalls nur aus der treuesten Pflichterfüllung heraus Rechte werden können. —
Es gibt aber nun eine ganze Reihe strengster Pflichten aller Eltern, die mit Kinderrechten nicht zusammenhängen.
Jeder Erwachsene hat sich bewußt zu sein, was mit der Zeugung eigentlich verbunden ist. Der bisherige Leichtsinn darin, die Gedankenlosigkeit und auch die falschen Anschauungen haben sich ja in so unheilvoller Art gerächt.
Macht Euch nur klar, daß in dem allernächsten Jenseits eine große Anzahl Seelen schon bereit stehen in der Erwartung einer Möglichkeit zur Wiederinkarnierung auf der Erde. Es sind dies meistens solche Menschenseelen, die, von Karmafäden festgehalten, irgendwelche Ablösung in einem neuen Erdenleben suchen.
Sowie sich ihnen eine Möglichkeit dazu ergibt, heften sie sich an Stellen, wo ein Zeugungsakt erfolgte, um wartend das Heranreifen des neuen Menschenkörpers als Behausung zu verfolgen. In diesem Warten spinnen sich dann feinstoffliche Fäden von dem jungen Körper aus zur Seele, die sich hartnäckig in großer Nähe der werdenden Mutter hält, und umgekehrt, und bei bestimmter Reife dienen dann die Fäden zu der Brücke, die die fremde Seele aus dem Jenseits einläßt in den jungen Körper, den sie auch sofort für sich in Anspruch nimmt.
Ein fremder Gast zieht damit ein, der durch sein Karma den Erziehern manchen Kummer machen kann! Ein fremder Gast! Welch ungemütlicher Gedanke! Das sollte sich ein Mensch doch stets vor Augen halten und sollte nie vergessen, daß er in der Auswahl unter den wartenden Seelen mitbestimmen kann, wenn er die Zeit dazu nicht leichtsinnig versäumt.
Es ist die Inkarnierung allerdings einem Gesetz der Anziehung der Gleichart unterworfen. Doch braucht dazu nicht unbedingt die Gleichart eines der Erzeuger als ein Pol zu dienen, sondern manchmal irgendeines Menschen, der viel in der Nähe der werdenden Mutter ist.
Wie manches Unheil kann nun abgewendet werden, sobald der Mensch den ganzen Vorgang richtig kennt und sich bewußt damit befaßt. So aber tändeln sie nur leichtfertig dahin, besuchen Spiel und Tanz, geben Gesellschaften und kümmern sich nicht viel darum, was während dieser Zeit an Wichtigem sich vorbereitet, um später in ihr ganzes Leben machtvoll einzugreifen.
Bewußt sollten sie im Gebet, dem ja das heiße Wünschen stets zu Grunde liegt, so manches darin lenken, Übel abschwächen, Gutes verstärken. Der fremde Gast, der dann als Kind bei ihnen einzieht, würde dadurch derart sein, daß er willkommen bleibt in jeder Art! Man faselt viel von vorgeburtlicher Erziehung, in dem gewohnten Halbverstehen oder Falschverstehen mancher Auswirkungen, die sich äußerlich bemerkbar machen.
Wie aber oft, so ist auch hier menschliche Folgerung aus den Beobachtungen falsch. Es gibt gar keine Möglichkeit der vorgeburtlichen Erziehung, doch dafür unbedingte Möglichkeit einer Beeinflussung der Anziehung, wenn es zu rechter Zeit und mit dem rechten Ernst geschieht! Das ist ein Unterschied, der in den Folgen weiter greift, als es je eine vorgeburtliche Erziehung fertigbringen könnte.
Wer nun darüber klargeworden ist, und trotzdem noch in leichtsinniger Weise sich gedankenlos verbindet, verdient es ja nicht anders, als daß ein Menschengeist in seinen Kreis sich drängt, der ihm darin nur Unruhe und vielleicht sogar Übel bringen kann.
Die Zeugung soll für einen geistig freien Menschen nichts andres sein als der Beweis seiner Bereitwilligkeit, einen fremden Menschengeist als Dauergast in die Familie aufzunehmen, ihm Gelegenheit zu geben, auf der Erde abzulösen und zu reifen. Nur wo auf beiden Seiten der innige Wunsch für diesen Zweck vorhanden ist, soll die Gelegenheit zu einer Zeugung erfolgen.
Betrachtet nun einmal die Eltern und die Kinder nur von diesen Tatsachen ausgehend, so wird vieles sich von selbst ändern. Gegenseitige Behandlung, die Erziehung, alles erhält andere, ernstere Grundlagen als bisher in zahlreichen Familien üblich war. Es wird mehr Rücksicht und mehr Achtung gegenseitig sein. Selbständigkeitsbewußtsein und Verantwortungsbestreben werden sich fühlbar machen, die als Folge den natürlichen, sozialen Aufstieg in dem Volke bringen.
Die Kinder aber werden bald verlernen, sich Rechte anmaßen zu wollen, welche nie bestanden.
Wenn überhaupt von dem Gebet gesprochen werden soll, so ist es selbstverständlich, daß die Worte nur denen gelten, die sich mit dem Gebet befassen.
Wer nicht den Drang zu einem Gebet in sich fühlt, kann ruhig davon Abstand nehmen, weil seine Worte oder die Gedanken doch in nichts zerfließen müssen. Wenn ein Gebet nicht gründlich durchempfunden ist, so hat es keinen Wert und deshalb auch keinen Erfolg.
Der Augenblick eines aufwallenden Dankgefühles in großer Freude, wie auch die Empfindung tiefsten Schmerzes im Leide, gibt die beste Grundlage zu einem Gebet, das Erfolg erwarten kann. In solchen Augenblicken ist der Mensch durchdrungen von einer bestimmten Empfindung, die alles andere in ihm übertönt. Dadurch ist es möglich, daß der Hauptwunsch des Gebetes, sei es nun ein Dank oder eine Bitte, ungetrübte Kraft erhält.
Die Menschen machen sich überhaupt oft ein falsches Bild von dem Geschehen und Werden eines Gebetes und dessen Weiterentwicklung. Nicht jedes Gebet dringt zu dem höchsten Lenker der Welten. Im Gegenteil, es ist eine sehr seltene Ausnahme, daß ein Gebet wirklich einmal bis zu den Stufen des Thrones zu dringen vermag. Auch hierbei spielt die Anziehungskraft der Gleichart als Grundgesetz die größte Rolle.
Ein ernstgemeintes, tiefempfundenes Gebet kommt, selbst anziehend und von der Gleichart angezogen werdend, in Verbindung mit einer Kraftzentrale derjenigen Art, von der der Hauptinhalt des Gebetes durchdrungen ist. Die Kraftzentralen können ebensogut Sphärenabteilungen oder anderswie benannt werden, es wird im Grunde immer auf dasselbe herauskommen.
Wechselwirkung bringt dann das, was der Hauptwunsch des Gebetes war. Entweder Ruhe, Kraft, Erholung, plötzlich im Innern aufstehende Pläne, Lösung schwieriger Fragen oder sonstiger Dinge. Ein Gutes wird immer dabei herauskommen, sei es auch nur die eigene verstärkte Ruhe und Sammlung, die dann wiederum zu einem Auswege, zu einer Rettung führt.
Es ist auch möglich, daß diese ausgesandten Gebete, in ihrer Stärke vertieft durch die Wechselwirkung gleichartiger Kraftzentralen, einen feinstofflichen Weg zu Menschen finden, die dadurch angeregt auf irgendeine Weise Hilfe und damit Erfüllung des Gebetes bringen.
Alle diese Vorgänge sind bei der Beachtung des feinstofflichen Lebens leicht verständlich. Auch hier liegt die Gerechtigkeit wieder darin, daß das Ausschlaggebende bei dem Gebet immer die innere Beschaffenheit des Betenden bleiben wird, die je nach seiner Innigkeit die Kraft, also die Lebensfähigkeit und Wirksamkeit des Gebetes bestimmt.
In dem großen feinstofflichen Geschehen des Weltalls findet jede Art des Empfindens ihre bestimmte Gleichart, da sie von anderen nicht nur nicht angezogen werden könnte, sondern sogar abgestoßen würde. Nur wenn eine Gleichart kommt, erfolgt Verbindung und damit Verstärkung.
Ein Gebet, welches verschiedene Empfindungen birgt, die durch große Vertiefung des Betenden trotz der Zergliederung immerhin noch eine gewisse Kraft in sich tragen, wird also Verschiedenes anziehen und Verschiedenes in der Wechselwirkung zurückbringen.
Ob darin dann eine Erfüllung liegen kann, hängt ganz von der Art der einzelnen Teile ab, die einander fördernd oder hemmend sich auswirken können. In jedem Falle aber ist es besser, bei einem Gebet nur einen Gedanken als Empfindung hinauszusenden, damit keine Verwirrung entstehen kann.
So hat Christus durchaus nicht gewollt, daß das »Vaterunser« unbedingt geschlossen gebetet werden soll, sondern er gab damit nur zusammenfassend alles das an, was der Mensch bei ernstem Wollen in erster Linie mit Sicherheit auf Erfüllung erbitten kann.
In diesen Bitten sind die Grundlagen für alles enthalten, was der Mensch zu seinem leiblichen Wohlbefinden und geistigen Aufstiege notwendig hat. Sie geben aber noch mehr! Die Bitten zeigen gleichzeitig die Richtlinien für das Streben an, das der Mensch in seinem Erdenleben verfolgen soll. Die Zusammenstellung der Bitten ist ein Meisterwerk für sich.
Das »Vaterunser« allein kann dem suchenden Menschen alles sein, wenn er sich hinein vertieft und es richtig erfaßt. Er brauchte gar nicht mehr als das »Vaterunser«. Dieses zeigt ihm das ganze Evangelium in konzentriertester Form. Es ist der Schlüssel zu den lichten Höhen für den, der es richtig zu erleben weiß. Es kann für jedermann Stab und Leuchte zugleich sein für das Vorwärts- und Aufwärtsschreiten! So unermeßlich viel trägt es in sich. (* Vortrag: »Das Vaterunser«)
Schon dieser Reichtum zeigt den eigentlichen Zweck des »Vaterunsers«. Jesus gab der Menschheit in dem »Vaterunser« den Schlüssel zu dem Reiche Gottes! Den Kern seiner Botschaft. Er hat aber damit nicht gemeint, daß es in dieser Weise hergebetet werden soll.
Der Mensch braucht nur darauf zu achten, wenn er gebetet hat, und er wird von selbst erkennen, wieviel Ablenkung es ihm brachte, und wie es die Tiefe seiner Empfindung schwächte, indem er der Reihenfolge der einzelnen Bitten folgte, auch wenn diese ihm noch so geläufig sind. Es ist ihm unmöglich, mit für ein richtiges Gebet notwendiger Inbrunst der Reihe nach aus einer Bitte in die andere zu gleiten!
Jesus hat in seiner Art der Menschheit alles leicht gemacht. Der richtige Ausdruck ist »kinderleicht«. Er wies besonders darauf hin: »Werdet wie die Kinder!« Also so einfach denkend, so wenig Schwierigkeiten suchend. Er würde nie von der Menschheit so etwas Unmögliches erwartet haben, wie es das wirklich vertiefte Beten des »Vaterunsers« verlangt.
Das muß der Menschheit auch die Überzeugung bringen, daß Jesus damit etwas anderes wollte, etwas Größeres. Er gab den Schlüssel zu dem Reiche Gottes, nicht ein einfaches Gebet!
Vielseitigkeit eines Gebetes wird es immer abschwächen. Ein Kind kommt auch nicht mit sieben Bitten gleichzeitig zum Vater, sondern immer nur mit dem, was sein Herz gerade am ärgsten bedrückt, sei es nun ein Leid oder ein Wunsch.
So soll auch ein Mensch in Not sich bittend an seinen Gott wenden, mit dem, was ihn bedrückt. Und in den meisten Fällen wird es doch immer nur eine besondere Angelegenheit sein, nicht vieles zusammen. Um etwas, was ihn nicht gerade bedrückt, soll er auch nicht bitten. Da eine solche Bitte in seinem Innern nicht lebendig genug mitempfunden werden kann, wird sie zu leerer Form und schwächt naturgemäß eine vielleicht wirklich nötige andere Bitte.
Deshalb soll immer nur um das gebeten werden, was wirklich nötig ist! Nur keine leeren Formen, die zersplittern müssen und mit der Zeit die Heuchelei großziehen!
Das Gebet erfordert tiefsten Ernst. Man bete in Ruhe und in Reinheit, damit durch Ruhe die Empfindungskraft erhöht wird und sie durch Reinheit jene lichte Leichtigkeit erhält, die das Gebet emporzutragen fähig ist bis zu den Höhen alles Lichtes, alles Reinen. Dann wird auch diejenige Erfüllung kommen, die dem Bittenden am meisten nützt, ihn wirklich vorwärts bringt in seinem ganzen Sein!
Die Kraft des Gebetes vermag dieses nicht emporzuschleudern oder emporzudrängen, sondern nur die Reinheit in ihrer entsprechenden Leichtigkeit. Reinheit aber im Gebet kann jeder Mensch erreichen, wenn auch nicht in allen seinen Gebeten, sobald der Drang zum Bitten in ihm lebendig wird. Es ist dazu nicht notwendig, daß er schon mit seinem ganzen Leben im Reinen steht. Es vermag ihn nicht zu hindern, wenigstens zeitweise hier und da einmal im Gebet sich in Reinheit seiner Empfindung sekundenlang zu erheben.
Zur Kraft des Gebetes aber verhilft nicht nur die abgeschlossene Ruhe und die dadurch ermöglichte vertiefte Konzentration, sondern auch jede starke Gemütsaufwallung, wie die Angst, die Sorge, die Freude.
Es ist nun nicht gesagt, daß die Erfüllung eines Gebetes immer irdisch gedachten Vorstellungen und Wünschen unbedingt entspricht und mit diesen im Einklange steht. Die Erfüllung greift wohlmeinend weit darüber hinaus und führt das Ganze zum Besten, nicht den irdischen Augenblick! Oft muß daher eine scheinbare Nichterfüllung später als einzig richtige und beste Erfüllung erkannt werden, und der Mensch ist glücklich, daß es nicht nach seinen Augenblickswünschen ging.
Nun die Fürbitte! Der Hörer fragt sich oft, wie die Wechselwirkung bei einer Fürbitte, also der Bitte eines anderen, den Weg zu einem Menschen finden kann, der nicht selbst gebetet hat, weil die Rückwirkung auf dem angebahnten Wege auf den Bittenden selbst zurückströmen muß.
Auch hierbei gibt es keine Abweichung von den feststehenden Gesetzen. Ein Fürbittender denkt während seines Gebetes so intensiv an den, für den er bittet, daß sein Wünschen dadurch in der anderen Person zuerst verankert oder festgeknotet wird, und dann von dort seinen Weg aufwärts nimmt, also zu der Person auch zurückkehren kann, für die die starken Wünsche des Bittenden sowieso schon lebendig geworden sind und sie umkreisen. Dabei ist jedoch unbedingt vorauszusetzen, daß der Boden in der Person, für die gebeten wird, auch aufnahmefähig und durch Gleichart geeignet ist zu einer Verankerung und einer solchen nicht etwa Hindernisse entgegenstellt.
Ist der Boden nicht aufnahmefähig, also unwert, so liegt in dem Abgleiten der Fürbitten nur wieder die wunderbare Gerechtigkeit der göttlichen Gesetze, die nicht zulassen können, daß auf ganz unfruchtbaren Boden von außen her durch einen anderen Hilfe kommt. Dieses Abprallen oder Abgleiten der gewollten Verankerung einer Fürbitte von einer diese Bitte betreffenden Person, die durch ihren inneren Zustand unwert ist, zieht die Unmöglichkeit einer Hilfebringung nach sich.
Es liegt auch hierin wieder etwas derartig Vollkommenes in diesem selbsttätigen und selbstverständlichen Wirken, daß der Mensch staunend vor der damit verbundenen unverkürzten und gerechten Verteilung der Früchte alles Selbstgewollten steht!
Fürbitten von Menschen, die es ohne eigenen inneren und unbedingten Drang wahrer Empfindungen tun, haben keinerlei Wert noch Erfolg. Sie sind nur leere Spreu.
Noch eine Art der Wirkung echter Fürbitten gibt es. Das ist die eines Wegweisers! Das Gebet steigt direkt empor und zeigt nach dem Hilfsbedürftigen. Wird nun ein geistiger Bote an Hand dieses gewiesenen Weges zur Unterstützung geschickt, so ist die Möglichkeit einer Hilfe denselben Gesetzen des Wertes oder Unwertes, also der Aufnahmefähigkeit oder der Abstoßung unterworfen.
Ist der Hilfsbedürftige innerlich dem Dunkel zugekehrt, so kann der auf die Fürbitte hin helfenwollende Bote keine Fühlung gewinnen, vermag nicht einzuwirken und muß unverrichteter Sache wieder zurück. Die Fürbitte konnte also nicht erfüllt werden, weil es die Gesetze in ihrer Lebendigkeit nicht zuließen.
Ist aber der gegebene Boden dazu da, so hat eine echte Fürbitte unschätzbaren Wert! Entweder sie bringt Hilfe herbei, auch wenn der Hilfsbedürftige nichts davon weiß, oder sie vereinigt sich mit dem Wunsche oder Gebet des Hilfsbedürftigen und gibt diesem damit große Verstärkung.
