Bei Christi Tod zerriß im Tempel der Vorhang, der das Allerheiligste von der Menschheit abschloß. Dieser Vorgang wird als Symbol dafür angenommen, daß mit dem Opfertod des Heilandes im gleichen Augenblick die Trennung zwischen der Menschheit und der Gottheit aufhörte, also eine unmittelbare Verbindung geschaffen wurde.
Die Deutung ist aber falsch. Mit der Kreuzigung lehnten die Menschen den Gottessohn als den erwarteten Messias ab, wodurch die Trennung größer wurde! Der Vorhang zerriß, weil das Allerheiligste daraufhin nicht mehr notwendig war. Es wurde den Blicken und unreinen Strömungen geöffnet, da, symbolisch ausgedrückt, das Göttliche nach dieser Tat seinen Fuß nicht mehr auf die Erde setzte, womit das Allerheiligste überflüssig wurde.
Also gerade das Gegenteil der bisherigen Deutungen, in denen sich wiederum wie so oft nur eine große Überhebung des Menschengeistes zeigt.
Der Tod am Kreuze war auch nicht ein notwendiges Opfer, sondern ein Mord, ein regelrechtes Verbrechen. Jede andere Erklärung ist eine Umschreibung, die entweder als Entschuldigung gelten soll oder aus Unwissenheit heraus erstand. Christus kam durchaus nicht auf die Erde in der Absicht, sich kreuzigen zu lassen. Darin ruht auch die Erlösung nicht! Sondern Christus wurde gekreuzigt als lästiger Wahrheitsbringer um seiner Lehre willen.
Nicht sein Kreuzestod konnte und sollte die Erlösung bringen, sondern die Wahrheit, die er der Menschheit in seinen Worten gab!
Die Wahrheit war aber den damaligen Religionsführern unbequem, ein Ärgernis, weil sie ihren Einfluß stark erschütterte. Genau wie es auch heute an so manchen Stellen wieder sein würde. Die Menschheit hat sich darin nicht geändert. Die damaligen Führer stützten sich wie auch die heutigen zwar auf alte, gute Überlieferungen, aber diese waren durch Ausübende und Erklärende zu nur starrer, leerer Form geworden, ohne noch in sich lebendig zu sein. Dasselbe Bild, wie es sich heute vielfach wieder zeigt.
Der aber dieses notwendige Leben in das bestehende Wort bringen wollte, brachte damit selbstverständlich einen Umsturz in der Ausübung und Erklärung, nicht in dem Worte selbst. Er befreite das Volk von der niederzwingenden Starrheit und Hohlheit, erlöste es davon, und das war denen ganz natürlich ein großes Ärgernis, die bald erkennen konnten, wie energisch damit in die Zügel ihrer falschen Führung eingegriffen wurde.
Deshalb mußte der Wahrheitsbringer und Befreier von der Last der irrtümlichen Auslegungen verdächtigt und verfolgt werden. Als es trotz aller Mühe nicht gelang, ihn lächerlich zu machen, suchte man ihn als unglaubwürdig hinzustellen. Die »irdische Vergangenheit« als Zimmermannssohn mußte dazu dienen, ihn als »ungelehrt und deshalb minderwertig für ein Aufklären« zu stempeln! Als einen »Laien«. Genau wie es auch heute ist bei jedem, der dem starren, alles freie, lebendige Aufwärtsstreben schon im Keim erdrückenden Dogma zu nahe tritt.
Auf seine Aufklärungen selbst ging vorsichtigerweise niemand von den Gegnern ein, da sie ganz richtig fühlten, daß sie bei rein sachlicher Entgegnung unterliegen mußten. So blieben sie bei der böswilligen Verleumdung durch ihre käuflichen Organe, bis sie sich zuletzt nicht scheuten, bei einem für sie günstigen Augenblick ihn öffentlich und fälschlich anzuklagen und ans Kreuz zu bringen, um mit ihm die Gefahr für ihre Macht und ihr Ansehen zu bannen.
Dieser gewaltsame, damals durch die Römer übliche Tod war nicht als solcher die Erlösung und brachte sie auch nicht. Er löste keine Schuld der Menschheit, befreite sie von nichts, sondern er belastete die Menschheit als ein Mord im niedrigsten Sinne nur noch mehr!
Wenn sich nun bis heute hier und da ein Kult daraus entwickelt hat, in diesem Morde eine notwendige Hauptsache des Erlösungswerkes des Gottessohnes zu sehen, so wird der Mensch damit gerade von dem Wertvollsten abgezogen, das die Erlösung einzig und allein zu bringen vermag. Es lenkt ihn ab von der eigentlichen Mission des Heilandes, von dem, was sein Kommen aus dem Göttlichen zur Erde notwendig machte.
Das war aber nicht, um den Tod am Kreuze zu erleiden, sondern um in den Wust der den Menschengeist herabzerrenden dogmatischen Starrheit und Hohlheit hinein die Wahrheit zu verkünden! Die Dinge zwischen Gott, der Schöpfung und den Menschen so zu schildern, wie sie wirklich sind.
Dadurch mußte alles das, was der begrenzte Menschengeist dazu erklügelt hatte und was die Wirklichkeit verdeckte, von selbst kraftlos abfallen. Erst dann konnte der Mensch den Weg klar vor sich sehen, der ihn aufwärts führt.
Nur in dem Bringen dieser Wahrheit und der damit verbundenen Befreiung von Irrtümern ruht die Erlösung einzig und allein!
Es ist die Erlösung von dem unklaren Blick, von blindem Glauben. Das Wort »blind« kennzeichnet ja genug den falschen Zustand.
Das Abendmahl vor seinem Tode war ein Abschiedsmahl. Wenn Christus sagte: »Nehmet, esset, das ist mein Leib. Trinket alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird für viele, zur Vergebung der Sünden«, so erklärte er damit, daß er sogar diesen Kreuzestod auf sich zu nehmen gewillt war, nur damit er die Gelegenheit hatte, der verirrten Menschheit die Wahrheit in seinen Erläuterungen zu bringen, die einzig und allein den Weg zur Vergebung der Sünden zeigt.
Er sagt auch ausdrücklich: »zur Vergebung für viele«, und nicht etwa »zur Vergebung für alle!« Also nur für die, die seine Aufklärungen beherzigen, lebendige Nutzanwendungen daraus ziehen.
Sein durch den Kreuzestod zerstörter Leib und sein vergossenes Blut sollen dazu beitragen, die Notwendigkeit und den Ernst der durch ihn gebrachten Aufklärung zu erkennen. Diese Dringlichkeit soll durch die Wiederholung des Abendmahles und in dem Abendmahle lediglich unterstrichen werden!
Daß der Gottessohn selbst vor einer solchen Feindschaft der Menschheit nicht zurückschreckte, deren Wahrscheinlichkeit im voraus schon vor seinem Kommen erkannt war (* Vortrag: »Weltgeschehen«), sollte ganz besonders auf die verzweifelte Lage der Menschengeister hinweisen, die nur durch das Ergreifen des Rettungsseiles der unverhüllten Wahrheit vom Untergange zurückgerissen werden konnten.
Der Hinweis des Gottessohnes im Abendmahle auf seinen Kreuzestod ist lediglich eine letztmalige ausdrückliche Betonung der zwingenden Notwendigkeit seiner Lehren, die zu bringen er gekommen war!
Bei dem Genuß des Abendmahles nun soll sich ein jeder Mensch stets von neuem bewußt werden, daß der Gottessohn selbst die Voraussetzung eines Kreuzestodes durch die Menschheit nicht scheute und Leib und Blut dafür hingab, um der Menschheit das Empfangen der Schilderung des wirklichen Geschehens in dem Weltall zu ermöglichen, das die Auswirkungen der den göttlichen Willen tragenden, unverschiebbaren Schöpfungsgesetze deutlich zeigt!
Mit dieser Erkenntnis des bitteren Ernstes, der die brennende Notwendigkeit der Botschaft zur Errettung hervorhebt, soll immer wieder neue Kraft in den Menschen erstehen, neuer Antrieb, den klaren Lehren Christi wirklich nachzuleben, sie nicht nur richtig zu verstehen, sondern auch in allem darnach zu handeln. Damit wird ihm dann auch Vergebung seiner Sünden und Erlösung! Nicht anders. Auch nicht unmittelbar. Aber er findet sie unbedingt auf dem Wege, den Christus in seiner Botschaft zeigt.
Aus diesem Grunde soll das Abendmahl den Vorgang immer wieder neu beleben, damit der allein rettende Eifer zur Befolgung der unter so großem Opfer gebrachten Lehren nicht abschwächt; denn durch einsetzende Gleichgiltigkeit oder nur äußere Formen verlieren die Menschen dieses Rettungsseil und sinken zurück in die Arme der Irrungen und des Verderbens.
Es ist ein großer Fehler, wenn die Menschen glauben, durch den Kreuzestod sei die Vergebung ihrer Sünden gewährleistet. Dieser Gedanke zieht den furchtbaren Schaden nach sich, daß alle die, so daran glauben, dadurch von dem wahren Wege zur Erlösung zurückgehalten werden, der einzig und allein darin liegt, nach dem Worte des Heilandes zu leben, nach den Erläuterungen, die er als Wissender und alles Überschauender gab. Und diese Erläuterungen zeigen in praktischen Bildern die notwendige Einhaltung und Beachtung des in den Schöpfungsgesetzen liegenden göttlichen Willens, sowie deren Auswirkungen bei Einhaltung und bei Nichteinhaltung.
Sein Erlöserwerk lag in dem Bringen dieser Aufklärung, welche die Mängel und die Schäden der Religionsausübung zeigen mußte, weil sie die Wahrheit in sich trug, damit sie Licht gab in die steigende Verdunkelung des Menschengeistes. Es lag nicht in dem Tod am Kreuze, ebensowenig wie das Abendmahl oder die geweihte Hostie direkt Vergebung der Sünden bieten kann. Der Gedanke ist gegen jedes göttliche Gesetz! Damit fällt auch die Macht der Menschen, Sünden zu vergeben. Ein Mensch hat nur das Recht und auch die Macht, das zu vergeben, was ihm durch einen anderen selbst geschah, und auch nur dann, wenn sein Herz unbeeinflußt darnach drängt.
Wer ernsthaft nachdenkt, der wird auch die Wahrheit und somit den wahren Weg erkennen! Die Denkfaulen und Trägen aber, die das ihnen von dem Schöpfer überlassene Lämpchen, also die Fähigkeit des Prüfens und Durchleuchtens, gleich den törichten Jungfrauen in dem Gleichnisse nicht mit aller Aufmerksamkeit und Mühe dauernd in Ordnung und bereit halten, können leicht die Stunde versäumen, wenn das »Wort der Wahrheit« zu ihnen kommt. Da sie sich einschläfern ließen in müde Gemächlichkeit und blinden Glauben, so werden sie durch ihre Trägheit nicht fähig sein, den Wahrheitsbringer oder Bräutigam zu erkennen. Sie müssen dann zurückbleiben, wenn die Wachsamen eingehen in das Reich der Freude.
»Bist Du Gottes Sohn, so steige herab vom Kreuze! Hilf Dir selbst und uns!« Höhnend schallten diese Sätze zu dem Gottessohn hinauf, als er unter brennenden Sonnenstrahlen am Kreuze litt.
Die Menschen, welche also riefen, hielten sich für ganz besonders klug. Sie höhnten, triumphierten, lachten haßerfüllt, ohne einen eigentlichen Grund dafür zu haben; denn das Leiden Christi war doch sicherlich kein Grund zu Spott und Hohn, noch weniger zum Lachen. Es würde ihnen auch vergangen sein, wenn sie nur einen Augenblick die gleichzeitigen Vorgänge im feinstofflichen und im geistigen Reiche hätten »sehen« können; denn ihre Seelen wurden dabei schwer gebunden auf Jahrtausende. Und wenn auch grobstofflich die Strafe nicht so schnell sichtbar werden konnte, so kam sie doch in allen weiteren Erdenleben, zu denen die frevelnden Seelen daraufhin gezwungen waren.
Die Höhnenden dünkten sich damals klug. Sie konnten aber keinen treffenderen Ausdruck als Beweis ihrer Beschränktheit abgeben als diese Worte; denn darin liegt die kindischste Anschauung, die man sich denken kann. Weit entfernt sind also Sprechende von irgendeinem Verständnisse der Schöpfung und des Gotteswillens in der Schöpfung. Wie drückend ist deshalb das traurige Bewußtsein, daß auch heute noch ein großer Teil von denen, welche überhaupt noch an Gott glauben und an die damalige Sendung seines Sohnes, mit Bestimmtheit denken, daß Jesus von Nazareth vom Kreuze hätte steigen können, wenn er es nur wollte.
Nach zweitausend Jahren noch die gleiche, schläfrige Beschränktheit, ohne Änderung zum Fortschritt! Als von Gott gekommen, mußte Christus nach naiven Anschauungen vieler Gottgläubigen unbeschränkt in seinen Handlungen auf dieser Erde sein.
Das ist Erwarten, aus der ungesündesten Naivität entsprungen, Glaube der Denkträgheit.
Mit einer Fleischwerdung wurde der Gottessohn auch »unter das Gesetz getan«, das heißt, er unterwarf sich damit den Schöpfungsgesetzen, dem unabänderlichen Willen Gottes in der Schöpfung. Da gibt es keine Änderungen, was den irdischen und erdgebundenen Körper betrifft. Christus trat, dem Willen Gottes gehorchend, freiwillig unter dieses Gesetz, und er kam nicht, es zu stürzen, sondern mit der Fleischwerdung auf dieser Erde zu erfüllen.
Deshalb war er an alles mit gebunden, an das der Erdenmensch gebunden ist, und konnte auch als Gottessohn nicht von dem Kreuze steigen trotz seiner Gotteskraft und Macht, solange er im grobstofflichen Fleisch und Blute sich befand. Das wäre gleichbedeutend mit Umsturz des göttlichen Willens in der Schöpfung!
Dieser Wille aber ist vollkommen von Anfang an. Überall, nicht nur in dem Grobstofflich-Irdischen, sondern auch in der Feinstofflichkeit, wie in dem Wesenhaften und Geistigen mit allen Abstufungen und Übergängen. Nicht anders in dem Göttlichen und auch in Gott selbst.
Das göttliche Wirken, die göttliche Kraft und Macht zeigt sich ganz anders als in schaustellerischen Vorführungen. Gerade das Göttliche wird nur in unbedingter Erfüllung des göttlichen Willens leben, nie etwas anderes wollen. Und ebenso der Mensch, der geistig hohe Reife trägt. Je höher er entwickelt ist, desto unbedingter wird er sich den göttlichen Gesetzen in der Schöpfung beugen, freiwillig, freudig. Nie aber außerhalb der laufenden Schöpfungsgesetze liegende Willkürakte erwarten, weil er an ein Vollkommensein des göttlichen Willens glaubt.
Ist ein grobstofflicher Körper an dem Kreuze festgenagelt, so vermag er ohne fremde Hilfe, ohne grobstoffliche Hilfe, auch nicht freizukommen. Das ist Gesetz nach göttlichem Schöpfungswillen, das sich nicht überbrücken läßt. Wer anders denkt und anderes erwartet, glaubt nicht an die Vollkommenheit Gottes und an die Unabänderlichkeit seines Willens.
Daß nun die Menschen trotz ihres angeblichen Fortschreitens im Wissen und im Können noch nicht anders wurden, daß sie noch dort stehen, wo sie damals standen, zeigen sie, indem heute wiederum gerufen wird:
»Ist er der Menschensohn, so kann er Katastrophen bringen, die verkündet sind, sobald er will.« Das setzen sie als selbstverständlich voraus. Das sagt aber mit anderen Worten: »Vermag er solches nicht, so ist er nicht der Menschensohn.«
Dabei ist den Menschen gut bekannt, wie Christus als Gottessohn selbst schon darauf hinwies, daß niemand außer Gottvater allein die Stunde kennt, in welcher das Gericht beginnt. Es ist also nun doppelter Zweifel, wenn die Menschen derart sprechen. Der Zweifel an dem Menschensohn und Zweifel an dem Wort des Gottessohnes. Und außerdem gibt dieser Ausspruch wiederum nur Zeugnis für Verständnislosigkeit der ganzen Schöpfung gegenüber. Für vollkommene Unwissenheit gerade in allem dem, was jedem Menschen am dringendsten zu wissen nötig ist.
Mußte sich der Gottessohn dem Gotteswillen bei seiner Menschwerdung in der Schöpfung unterwerfen, so kann selbstverständlich der Menschensohn auch nicht über diesen Gesetzen stehen. Ein Über-den-Gesetzen-Stehen ist in der Schöpfung überhaupt nicht möglich. Wer in die Schöpfung eintritt, steht damit auch unter dem Gesetz des göttlichen Willens, der sich nie verändert. So auch der Gottessohn und der Menschensohn.
Eine große Lücke in der Begreifensmöglichkeit alles dessen bringt nur der Umstand, daß die Menschen diese Gottesgesetze in der Schöpfung noch nicht suchten, sie also bis heute noch gar nicht kennen, sondern kleine Bruchteile davon nur hier und da einmal dort fanden, wo sie gerade darüber stürzten.
Wenn Christus Wunder tat, die weitab vom Können der Erdenmenschen liegen, so berechtigt dies nicht zu dem Gedanken, daß er sich nicht um die in der Schöpfung ruhenden Gesetze des Gotteswillens zu kümmern brauchte, daß er über diese hinausgriff. Das ist ausgeschlossen. Auch bei Wundern handelte er in vollkommener Übereinstimmung mit den Gottesgesetzen und nicht willkürlich. Er bewies damit nur, daß er in göttlicher Kraft arbeitete, nicht in geistiger, und selbstverständlich dadurch auch in der Wirkung weit, weit über Menschenmögliches hinausging. Aber außerhalb der Gesetze in der Schöpfung lagen die Wunder nicht, sondern fügten sich vollkommen ein.
Der Mensch ist in seiner geistigen Entwickelung so weit zurückgeblieben, daß er nicht einmal die ihm zu Gebote stehenden geistigen Kräfte zu voller Entfaltung bringen kann, sonst würde auch er für heutige Begriffe an das Wunderbare grenzende Leistungen vollbringen.
Mit göttlicher Kraft aber sind natürlich noch ganz andere Werke zu schaffen, die von geistiger Kraft niemals erreicht werden können und sich schon in ihrer Art von dem höchsten geistigen Wirken unterscheiden. Aber in den Grenzen der göttlichen Gesetzmäßigkeit bleibt trotzdem alles Geschehen. Nichts geht darüber hinaus.
Die einzigen, die Willkürakte innerhalb der ihnen gegebenen Grenzen ihres freien Willens begehen, sind die Menschen; denn diese haben sich nie wirklich in den Willen Gottes eingefügt, dort, wo sie als Menschen eine gewisse Freiheit haben, nach eigenem Wollen zu handeln. Stets stellten sie ihren eigenen Willen dabei voran. Und damit lähmten sie sich selbst, konnten sich nie höher aufschwingen, als ihr eigener Verstandeswille es zugab, welcher erdgebunden ist.
Die Menschen kennen also nicht einmal die Gesetze in der Schöpfung, die ihre geistige Macht auslöst oder freimacht, in denen sie ihre geistige Macht zu entfalten vermögen.
Um so erstaunter stehen sie dann vor dem Entfalten göttlicher Kraft. Aus demselben Grund vermögen sie aber auch die göttliche Kraft nicht als solche zu erkennen oder erwarten Dinge von ihr, die außerhalb der göttlichen Gesetze innerhalb der Schöpfung liegen. Dazu aber würde das Herabsteigen eines grobstofflichen Körpers vom grobstofflichen Kreuze gehören.
Totenerweckungen durch göttliche Kraft liegen nicht außerhalb göttlicher Gesetze, sobald es innerhalb einer gewissen Zeit geschieht, die für jeden Menschen verschieden ist. Je geistig gereifter eine sich vom grobstofflichen Körper trennende Seele ist, desto schneller ist sie von diesem frei und desto kürzer die Zeit der gesetzmäßigen Möglichkeit des Zurückrufens, da dies nur während des Nochverbundenseins der Seele mit dem Körper geschehen kann.
Dem göttlichen Willen, also der göttlichen Kraft, muß die vom Geist belebte Seele gehorchen und auf seinen Ruf hin auf der feinstofflichen Brücke in den schon verlassenen grobstofflichen Körper zurückkehren, solange die Brücke noch nicht abgebrochen ist.
Wenn hier von göttlicher Kraft und geistiger Kraft gesprochen wird, so bestreitet das nicht die Tatsache, daß es in Wirklichkeit nur eine Kraft gibt, die von Gott ausgegangen ist und die die ganze Schöpfung durchdringt. Aber es ist ein Unterschied zwischen der göttlichen und der geistigen Kraft. Die geistige Kraft wird von der göttlichen beherrscht, von der sie ausgegangen ist. Sie ist nicht etwa eine abgeschwächte göttliche Kraft, sondern eine veränderte Kraft, die durch ihre Veränderung eine andere Art wurde und damit in ihrer Wirkungsfähigkeit engere Grenzen erhielt. Es sind also zwei verschieden wirkende Arten und in Wirklichkeit doch nur eine Kraft.
Dem schließt sich dann noch die wesenhafte Kraft an. Also drei grundlegende Kräfte, von denen die geistige und die wesenhafte Kraft von der göttlichen genährt und regiert werden. Alle drei sind eins zu nennen.
Weitere Kräfte gibt es nicht, nur viele Abarten, die durch die geistige und wesenhafte Grundart entstanden sind und die dann auch Verschiedenart in ihren Wirkungen haben. Jede Abart bringt in der Veränderung auch wieder entsprechend veränderte Gesetze, die sich jedoch stets folgerichtig an die Grundart angliedern, äußerlich aber doch der Veränderung der Kraft entsprechend fremder erscheinen.
Alle Arten aber, auch die Grundarten, sind an das oberste, göttliche Kraftgesetz gebunden und können in ihren eigenen veränderten Gesetzen nur in den äußeren Formen anders sein. Sie erscheinen deshalb anders, weil jede Art und Abart außer dem göttlichen Willen selbst nur Teilarten bildet, die dadurch Stückwerke sind, welche auch nur Teilgesetze haben können. Diese streben dem Ganzen, Vollkommenen zu, von dem sie abgeleitet sind, der reinen göttlichen Kraft, die gleichbedeutend ist mit göttlichem Willen, der als unverrückbares, ehernes Gesetz sich auswirkt.
Eine jede Kraft wirkt nun mit ihren Abarten in der vorhandenen feinstofflichen und grobstofflichen Materie der jeweiligen Art entsprechend und formt darin durch ihre eigene Verschiedenartigkeit auch verschiedenartige Welten oder Ebenen, die an sich einzeln beurteilt für die ganze Schöpfung nur jedesmal ein Stückwerk davon sind, weil die Kraft, die sie formte, auch nur ein jeweilig verändertes Stück der vollkommenen Gotteskraft ist, mit nicht vollkommenen, sondern nur Teilgesetzen.
Nur die ganzen Gesetze der einzelnen Weltebenen zusammengenommen ergeben dann wieder vollkommene Gesetze, die durch den göttlichen Willen in die Urschöpfung, das urgeistige Reich, gelegt wurden.
Deshalb muß auch ein Samenkorn des Menschengeistes alle Weltebenen durchlaufen, um deren Einzelgesetze an sich zu erleben und in sich zum Leben zu bringen. Hat er alle guten Früchte daraus dann gesammelt, so sind ihm diese Gesetze wirklich bewußt geworden, er vermag deshalb dann bei deren richtiger, gottgewollter Benutzung in das Paradies einzugehen, wird von den Gesetzen in deren Auswirkung dahin getragen, um von dort aus wissend in den unter ihm liegenden Teilebenen dann helfend und fördernd einzugreifen, als höchste Aufgabe eines jeden fertigen Menschengeistes.
Überfüllung kann niemals erfolgen, da die jetzt bestehenden Weltenebenen unbegrenzt ausgedehnt werden können; denn sie schweben ja in der Unendlichkeit.
So wird das Gottesreich dann größer und größer, von der Kraft der reinen Menschengeister immer weiter ausgebaut und ausgedehnt, deren Arbeitsfeld die Nachschöpfung zu werden hat, die sie vom Paradies aus leiten können, weil sie selbst alle Teile vorher durchwanderten und dadurch genau kennenlernten.
Diese Erklärungen hier nur, damit keine Irrtümer durch den Hinweis auf göttliche Kraft und geistige Kraft entstehen, weil in Wirklichkeit nur eine von Gott ausgegangene Kraft besteht, aus der sich die Abarten formen.
Wer von allen diesen Vorgängen weiß, wird niemals kindisches Erwarten äußern über Dinge, welche nie geschehen können, weil sie außerhalb der einzelnen Schöpfungsgesetze liegen. So wird auch nicht der Menschensohn durch Ausstrecken seiner Hand Katastrophen herbeiführen, die sich unmittelbar auswirken sollen. Das wäre gegen die bestehenden und nicht zu ändernden Naturgesetze.
Das Geistige ist beweglicher und leichter, also auch schneller als das Wesenhafte. Es wird deshalb das Wesenhafte in der Auswirkung mehr Zeit benötigen als das Geistige. Deshalb muß naturgemäß das wesenhafte, also das elementare Geschehen auch später eintreffen als das geistige. Ebenso ist durch diese Kräfte das Feinstoffliche schneller zu bewegen als das Grobstoffliche. Alles Gesetze, die erfüllt sein müssen, nicht umgangen, auch nicht durchbrochen werden können.
Im Lichte sind nun alle diese Gesetze bekannt, und es wird die Absendung der ausführenden Boten oder besonderer Befehle so eingerichtet, daß die Endauswirkungen zusammentreffen, wie es von Gott gewollt ist.
Ein Aufwand von durch Menschen nicht zu verstehender Größe ist für das jetzige Gericht erforderlich gewesen. Doch er arbeitet genau, so daß in Wirklichkeit keine Verzögerungen eintreten ... bis auf die Punkte, wo das Menschenwollen mitarbeiten soll. Menschen allein suchen stets mit törichter Beharrlichkeit sich außerhalb jeder Erfüllung zu halten oder gar störend und feindlich sich hemmend in den Weg zu stellen ... in erdbindender Eitelkeit.
Glücklicherweise ist nach dem großen Versagen der Menschen während der Erdenzeit des Gottessohnes nun damit gerechnet worden. Die Menschen können durch ihr Versagen nur den Erdenweg des Menschensohnes bis zu einem gewissen Zeitpunkt erschweren, so daß er Nebenwege wandern muß, Umwege machen, sie vermögen aber nicht das von Gott gewollte Geschehen aufzuhalten oder gar den vorausbestimmten Ausgang irgendwie zu verschieben; denn ihnen ist bereits der für ihre Torheiten kraftspendende Hintergrund des Dunkels genommen, während die Mauern ihres Verstandeswirkens, hinter denen sie noch Deckung nehmend Giftpfeile abschießen, schnell unter dem Drucke des vordringenden Lichtes zusammenbrechen werden. Dann stürzt es über sie herein, und keine Gnade soll ihnen gewährt sein nach dem Übel, das ihr Sinnen immer wieder unheilvoll erschuf. So kommt der Tag, den Lichtstrebende heiß ersehnen, nicht eine Stunde später als er soll.
»Wer mein Wort aufnimmt, der nimmt mich auf«, sprach der Gottessohn zu seinen Jüngern, »der isset in Wirklichkeit mein Fleisch und trinket mein Blut!«
So lautet der Sinn der Worte, die der Gottessohn bei Einsetzung des Abendmahls sprach und die er mit dem Mahle zu dem Gedächtnis seines Erdenwandelns symbolisierte. Wie konnte es da vorkommen, daß heftige Streite darüber entbrannten zwischen den Gelehrten und Kirchen. Es ist der Sinn so einfach und so klar, wenn der Mensch zu Grunde legt, daß der Gottessohn Christus Jesus das fleischgewordene Wort Gottes war.
Wie konnte er darüber deutlicher sprechen als mit den einfachen Worten: »Wer mein Wort aufnimmt, der isset meinen Leib und trinket mein Blut!« Auch daß er sagte: »Das Wort ist wahrhaftig mein Leib und mein Blut!« Er mußte ja so sagen, weil er selbst das lebendige Wort in Fleisch und Blut war. Bei allen Weitergaben ist nur immer wieder die Hauptsache weggelassen worden: Der Hinweis auf das Wort, welches auf Erden wandelte! Weil es nicht verstanden wurde, so hielt man es für nebensächlich. Damit aber wurde die ganze Sendung Christi mißverstanden und verstümmelt, entstellt.
Auch den Jüngern des Gottessohnes war damals trotz ihres Glaubens keine Möglichkeit gegeben, die Worte ihres Meisters richtig aufzufassen, wie sie so vieles von ihm Gesagte nie richtig aufgefaßt hatten. Darüber gab Christus selbst ja oft genug seine Traurigkeit kund. Sie formten einfach den Sinn des Abendmahles in die Art, wie sie es in ihrer kindlichen Einfachheit aufgefaßt hatten. Dabei ist es selbstverständlich, daß sie die ihnen nicht ganz klaren Worte auch in einer ihrem eigenen Verständnis entsprechenden Weise weitergaben, nicht aber so, wie es der Gottessohn gemeint hatte. —
Jesus war das fleischgewordene Wort Gottes! Wer also sein Wort richtig in sich aufnahm, der nahm damit ihn selbst auf.
Und läßt ein Mensch das ihm gebotene Wort Gottes dann in sich lebendig werden, so, daß es ihm zur Selbstverständlichkeit wird in dem Denken und im Tun, so macht er mit dem Wort in sich auch den Christusgeist lebendig, weil der Gottessohn das fleischgewordene, lebendige Wort Gottes war!
Der Mensch muß sich nur bemühen, in diesen Gedankengang endlich einmal richtig einzudringen. Er darf ihn nicht nur lesen und darüber schwätzen, sondern muß auch diesen Gedankengang bildhaft lebendig zu machen versuchen, das heißt, den Sinn in lebendigen Bildern still erleben. Dann erlebt er auch das Abendmahl wirklich, vorausgesetzt, daß er darin das Aufnehmen des lebendigen Wortes Gottes erkennt, dessen Sinn und Wollen er natürlich vorher gründlich wissen muß.
Es ist nicht so bequem, wie es so viele Gläubige sich denken. Stumpfes Hinnehmen des Abendmahles kann ihnen keinen Nutzen bringen; denn was lebendig ist, wie das Wort Gottes, will und muß auch lebendig genommen werden. Die Kirche vermag dem Abendmahl kein Leben einzuhauchen für den anderen, sobald dieser Abendmahlnehmer nicht in sich selbst die Stätte vorher schon bereitet hat, es richtig aufzunehmen.
Man sieht auch Bilder, die den schönen Ausspruch wiedergeben wollen: »Ich klopfe an!« Die Bilder sind ganz richtig. Der Gottessohn steht an der Türe der Hütte und klopft an, Einlaß begehrend. Nun aber hat der Mensch dabei schon wieder aus seinem eigenen Denken dazugegeben, indem er durch die wenig geöffnete Tür den in der Hütte gedeckten Tisch sehen läßt. Dadurch entsteht der Gedanke, daß niemand abgewiesen werden soll, der um Speise und Trank bittet. Der Gedanke ist schön und auch dem Worte Christi entsprechend, aber darin zu klein ausgelegt. Das »Ich klopfe an« bedeutet mehr! Mildtätigkeit ist nur ein kleiner Teil des Inhaltes des Gotteswortes.
Wenn Christus sagt: »Ich klopfe an«, so meint er damit, daß das von ihm verkörperte Gotteswort anklopft an die Menschenseele, nicht um Einlaß bittend, sondern Einlaß fordernd! Das Wort in seinem ganzen den Menschen gegebenen Umfange soll von diesen aufgenommen werden. Die Seele soll ihre Türe zum Einlaß des Wortes öffnen und den Tisch in sich dazu bereitet haben! Der Ausdruck »Tisch« ist hierbei gleichbedeutend mit Altar. Folgt sie dieser Forderung, so sind die grobstofflichen Taten des Erdenmenschen dann als Selbstverständlichkeit derart, wie es das »Wort« verlangt.
Der Mensch sucht immer nur verstandesmäßiges Erfassen, was Zergliederung und damit auch Verkleinerung bedeutet, ein In-engere-Grenzen-Schlagen. Deshalb kommt er immer wieder in die Gefahr, nur Bruchstücke von allem Großen zu erkennen, wie es auch hierbei wiederum geschah.
Das Fleischwerden des lebendigen Gotteswortes wird den Erdenmenschen immer ein Mysterium bleiben müssen, weil der Beginn dieses Geschehens sich im Göttlichen abspielte. Bis ins Göttliche hinein jedoch vermag die Begriffsfähigkeit des Menschengeistes nicht zu dringen, und deshalb bleibt das erste Glied für die spätere Fleischwerdung dem Verständnis des Menschen verschlossen.
Es ist deshalb auch nicht überraschend, daß gerade diese symbolische Handlung des Gottessohnes, die in der Austeilung des Brotes und des Weines lag, von der Menschheit bisher noch nicht verstanden werden konnte. Wer aber nun nach dieser Erklärung, die ihn ein Bild sich vorstellen läßt, noch dagegen eifern will, der gibt nur den Beweis dafür, daß die Grenze seines Begreifens in dem Geistigen aufhört. Sein Eintreten für die bisherige direkt unnatürliche Erklärung dieser Christusworte würde nur eine skrupellose Hartnäckigkeit bezeugen.
Vollkommen ist Gott, der Herr! Vollkommen sein Wille, der in ihm ist, und der aus ihm hervorgeht, um das Schöpfungswerk zu zeugen und zu erhalten. Vollkommen sind deshalb auch die Gesetze, die in seinem Willen die Schöpfung durchziehen.
Vollkommenheit aber schließt jedes Abbiegen von vornherein aus. Das ist die Grundlage, die den Zweifel an so vielen Behauptungen unbedingt berechtigt! Manche Lehren widersprechen sich selbst, indem sie ganz richtig die Vollkommenheit Gottes lehren, gleichzeitig aber im striktesten Gegensatze Behauptungen aufstellen und Glauben verlangen an Dinge, die eine Vollkommenheit Gottes und seines Willens, der in den Gesetzen der Schöpfung liegt, ausschließen.
Damit aber wurde der Krankheitskeim in so manche Lehre gesenkt. Ein bohrender Wurm, der den ganzen Bau einst zusammenbrechen lassen muß. Der Zusammenbruch ist dort um so unausbleiblicher, wo solche Widersprüche zu Grundpfeilern gemacht wurden, die die Vollkommenheit Gottes nicht nur in Zweifel ziehen, sondern sie direkt absprechen! Dieses Absprechen der Vollkommenheit Gottes gehört sogar zu bedingten Glaubensbekenntnissen, die das Eintreten in Gemeinschaften erst ermöglichen.
Da haben wir die Rede von der Auferstehung des Fleisches, im Hinblick auf die Auferstehung des irdischen Körpers des Gottessohnes, die von den meisten Menschen ganz gedankenlos aufgenommen wird, ohne die geringste Spur eines Verständnisses zu hinterlassen. Andere wieder machen sich diese Behauptung mit vollkommen bewußter Unkenntnis zu eigen, da ihnen der Lehrer fehlte, der eine richtige Erklärung dafür geben konnte.
Welches traurige Bild bietet sich da einem ruhig und ernst Beobachtenden. Wie kläglich stehen solche Menschen vor ihm, die sich sehr oft noch stolz als Eiferer ihrer Religion ansehen, als strenge Gläubige, wenn sie den Eifer darin zeigen, vorschnell in unwissender Überhebung auf Andersdenkende herabzusehen, nicht denkend, daß gerade das als untrügliches Zeichen hilflosen Unverständnisses genommen werden muß.
Wer fragenlos wichtige Dinge als seine Überzeugung aufnimmt und bekennt, zeigt damit grenzenlosen Gleichmut, aber keinen wahren Glauben.
In diesem Lichte steht ein solcher Mensch vor dem, was er das Höchste und das Heiligste zu nennen pflegt, was ihm den Inhalt und den Halt fürs ganze Sein bedeuten soll.
Damit ist er nicht ein lebendiges Glied seiner Religion, dem Aufstieg und Erlösung werden kann, sondern tönendes Erz, nur eine inhaltlose, klingende Schelle, einer, der die Gesetze seines Schöpfers nicht versteht und sich auch nicht darum bemüht, sie zu erkennen.
Für alle, die so handeln, bedeutet es Stillstand und Rückgang auf dem Wege, der sie zu Entwicklungs- und Förderungszwecken durch die Stofflichkeit dem Lichte der Wahrheit zuführen soll.
Auch die falsche Auffassung der Auferstehung des Fleisches ist wie jede andere irrtümliche Anschauung ein künstlich erzeugtes Hemmnis, das sie mit hinübernehmen in das Jenseits, vor dem sie dann auch dort stehenbleiben müssen und nicht weiterkommen, da sie sich nicht allein davon befreien können; denn falscher Glaube hängt an ihnen fest und bindet sie derart, daß ihnen jeder freie Ausblick zu der lichten Wahrheit abgeschnitten ist.
Sie wagen nicht anders zu denken und können deshalb auch nicht weiter. Damit kommt die Gefahr, daß die so sich-selbst-gebunden-haltenden Seelen auch noch die letzte Zeit zum Freiwerden versäumen und nicht rechtzeitig emporsteigen zum Licht, wodurch sie mit in die Zersetzung gleiten müssen und die ewige Verdammnis als ihr Endziel finden.
Ewige Verdammnis ist das Dauernd-Ausgeschaltetsein vom Licht. Ein durch sich selbst aus der Natur des folgerichtigen Geschehens heraus für immer davon Abgetrennt-Bleiben, in das Licht als vollbewußt entwickelte Persönlichkeit zurückkehren zu können. Dieser Umstand tritt durch das Hineingezogenwerden in die Zersetzung ein, die neben dem feinstofflichen Körper auch alles geistig als persönlich-bewußt Gewonnene zerstäubt und auflöst. (* Vortrag: »Die Welt«) Das ist dann der sogenannte »geistige Tod«, von dem es keinen Aufstieg zu dem Lichte mehr geben kann für das bewußte »Ich«, das sich bis dahin entwickelt hatte, während es bei einem Aufstiege nicht nur verbleibt, sondern sich bis zur geistigen Vollkommenheit weiter bildet.
Ein in falschem oder gedankenlos als eigen angenommenem Glauben Hinübergegangener bleibt gehemmt, bis er in sich selbst durch andere Überzeugung lebendig und frei wird und damit das Hindernis sprengt, das ihn durch seinen eigenen Glauben davon zurückhält, den rechten und wahren Weg zu beschreiten und dort vorwärts zu gehen.
Diese Überwindung aber und die Kraftentfaltung, die es kostet, sich selbst von einem solchen Irrwahne zu lösen, ist ungeheuer. Schon der Schritt, einem solchen Gedanken nahezutreten, erfordert geistig einen gewaltigen Auftrieb. So halten sich Millionen selbst gefangen und können dadurch nicht mehr die Kraft gewinnen, auch nur den Fuß zu heben, in dem verderbenbringenden Wahne, damit Unrecht zu tun. Sie sind wie gelähmt und auch verloren, wenn nicht die lebendige Kraft Gottes selbst den Weg zu ihnen sucht. Doch diese kann wiederum nur dann helfend eingreifen, sobald der Funke eines Wollens dazu in der Menschenseele ruht und ihr entgegenkommt.
In diesem an sich so einfachen und natürlichen Vorgange ruht eine Lähmung, wie sie entsetzlicher und verderbenbringender nicht sein kann. Wird doch damit der Segen der dem Menschen anvertrauten freien Entschlußkraft durch falsche Anwendung zum Fluche. Ein jeder hat es stets selbst in der Hand, sich auszuschließen oder anzuschließen. Und gerade darin rächt es sich furchtbar, wenn sich ein Mensch blindlings einer Lehre anvertraut ohne sorgfältigste und ernsteste Prüfung! Die Trägheit darin kann ihm sein ganzes Sein kosten!
Der ärgste Feind des Menschen rein irdisch ist die Bequemlichkeit. Bequemlichkeit aber im Glauben wird sein geistiger Tod!
Wehe denen, die nicht bald erwachen und sich aufraffen zu schärfster Prüfung alles dessen, was sie Glauben nennen! Verderben aber wartet derer, die so großes Elend verschulden! Die als falsche Hirten ihre Schafe in trostlose Wildnis führen. Nichts anderes vermag ihnen zu helfen als das Zurückgeleiten der verirrten Schafe auf den wahren Weg. Die große Frage dabei aber ist, ob ihnen dazu noch genügend Zeit verbleibt. Es prüfe jeder deshalb sorgfältig sich selbst, bevor er seinen Nächsten zu belehren sucht.
Irrglauben ist Irrwahn! Und dieser hält den Menschengeist hier wie im Jenseits dicht und fest gebunden mit einer Stärke, die nur die lebendige Kraft des wahren Gotteswortes lösen kann. Deshalb lausche jeder seinem Rufe, den es trifft. Nur der den Ruf empfindet, für den ist er bestimmt! Ein solcher prüfe dann und wäge, und werde frei!
Er vergesse dabei nicht, daß nur sein eigener Entschluß die Fessel sprengen kann, die er sich vorher selbst durch falschen Glauben auferlegte. Wie er sich in Bequemlichkeit oder in Trägheit einst entschloß, blind irgendeiner Lehre anzuhängen, die er nicht in allen Teilen ernsthaft prüfte, oder wie er Gott vielleicht zu leugnen suchte, nur weil er bisher nicht vermochte, selbst einen Weg zu ihm zu finden, der seinem berechtigten Bedürfnisse nach einer folgerichtigen Lückenlosigkeit entsprach, so muß auch jetzt wieder das erste Wollen von ihm selbst ausgehen zu dem rücksichtslosen Prüfen bei dem Suchen! Nur dann vermag er den durch seinen eigenen Willen bisher festgehaltenen Fuß zu heben und den ersten Schritt zu tun, der ihn zur Wahrheit und damit zur Freiheit in dem Lichte führt.
Er selbst und immer nur er selbst kann, soll und muß abwägen, weil er die Gabe dazu in sich trägt. Er muß ja auch alle Verantwortung nur auf sich selbst nehmen, so oder so, gleichviel, was er auch will und was er tut.
Schon das Bewußtsein müßte ihn zu schärfster Prüfung zwingen.
Gerade diese Verantwortung gibt einem jeden Menschen nicht nur das unbeschränkte Recht zu einer solchen Prüfung, sondern macht sie sogar zu der zwingendsten Notwendigkeit! Mag er es ruhig als gesunden Selbsterhaltungstrieb betrachten, das ist durchaus nicht unrecht! Er unterschreibt doch auch nicht irgendeinen irdischen Vertrag, der ihm eine Verantwortung auferlegt, ohne diesen Wort für Wort genau zu prüfen und zu überlegen, ob er alles halten kann. Nicht anders ist es und viel ernster in den geistigen Beziehungen mit dem Entschluß, sich irgendeinem Glauben hinzugeben! Wenn die Menschen hierbei etwas mehr gesunden Selbsterhaltungstrieb betätigten, so würde dies nicht Sünde, sondern Segen sein!
Auferstehung des Fleisches! Wie kann das Fleisch der Grobstofflichkeit hinaufsteigen in das urgeistige Reich Gottvaters! Grobstofflichkeit, die nicht einmal in die Feinstofflichkeit des Jenseits überzutreten vermag. Alles Grobstoffliche, auch sogar das Feinstoffliche, ist nach den ewigen Naturgesetzen der Zersetzung unterworfen. Ausnahmen oder Abweichungen darin gibt es nicht, weil die Gesetze vollkommen sind. Demnach kann auch Grobstoffliches nach erfolgtem Tode nicht aufsteigen in das Reich des Vaters, oder auch nur in das der Zersetzung ebenfalls unterworfene feinstoffliche Jenseits! Derartige Abbiegungen sind aus der Vollkommenheit der göttlichen Naturgesetze heraus einfach ein Ding der Unmöglichkeit!
Im Kleinen ist das alles auch ganz deutlich in den Gesetzen der Physik zu beobachten, die ebenfalls weiter nichts zeigen als die unverrückbaren Schöpfergesetze, welche wie alles in dem ganzen Sein auch das Gebiet durchziehen.
Alles Bestehende ist doch den einheitlichen Entstehungsgesetzen unterworfen, die klar und deutlich den einfachen, aber nicht verschiebbaren göttlichen Willen in sich tragen. Nichts vermag davon abgetrennt zu werden.
Es ist deshalb um so bedauerlicher, wenn einige Lehren gerade diese sich darin zeigende gewaltige Größe Gottes nicht anerkennen wollen, womit er der Menschheit mit ihrem Verstehen sichtbar so nahe tritt!
Jede Lehre weist ganz richtig auf die Vollkommenheit Gottes hin. Ist jedoch der Ursprung oder Urquell als solcher vollkommen, so kann auch nur Vollkommenes aus ihm hervorgehen. Demnach müssen notwendigerweise auch die in den daraus hervorgegangenen Willensakten liegenden Schöpfungsgesetze vollkommen sein. Es läßt sich ganz natürlicherweise das eine nicht von dem anderen trennen. Diese vollkommenen Schöpfungsgesetze durchziehen als Naturgesetze alles Entstandene und halten es.
Vollkommenheit ist aber nun gleichbedeutend mit Unabänderlichkeit. Das ergibt, daß ein Abbiegen in diesen Grund- oder Naturgesetzen ganz unmöglich ist. Mit anderen Worten: Es können unter keinen Umständen Ausnahmen vorkommen, die allem sonstigen Geschehen in dessen Natürlichkeit widersprechen.
So kann auch keine Auferstehung des Fleisches erfolgen, das als grobstofflich unbedingt an die Grobstofflichkeit gebunden bleibt!
Da alle die Urgesetze aus der göttlichen Vollkommenheit hervorgegangen sind, wird auch nie ein neuer Willensakt Gottes in anderer Form sich entwickeln können als in der von Urbeginn der Schöpfung an gegebenen.
Wenn sich so manche Lehre dieser Selbstverständlichkeit verschließt, die durch die Vollkommenheit Gottes unbedingt gegeben ist, so beweist sie damit, daß ihre Grundlagen falsch sind, daß sie auf an Raum und Zeit gebundenen Menschenverstand aufgebaut sind, und demnach keinen Anspruch machen dürfen auf Gottesbotschaft, die keine Lücken zeigen würde, da eine solche nur aus der Vollkommenheit kommen kann, aus der Wahrheit selbst, die lückenlos ist und auch in ihrer einfachen Größe verständlich. In erster Linie natürlich, weil die von den Menschen genannte Natur aus der Vollkommenheit des göttlichen Willens hervorging und heute noch ihre Lebendigkeit in unveränderter Art erhält, damit aber auch keinen Ausnahmen unterworfen sein kann.
Als Christus zur Erde kam, um die Gottesbotschaft der Wahrheit zu verkünden, mußte er sich deshalb auch eines grobstofflichen Körpers bedienen, also des Fleisches. Darin müßte schließlich schon jeder denkende Mensch die Unabänderlichkeit der Naturgesetze erkennen, wie auch in dem durch die Kreuzigung erfolgten körperlichen Tode.
Dieses grobstoffliche Fleisch aber konnte nach diesem Tode auch keine Ausnahme bilden, sondern mußte in der grobstofflichen Welt verbleiben! Es konnte nicht auferstehen, um in eine andere Welt einzugehen! Die feststehenden göttlichen oder natürlichen Gesetze lassen das durch ihre aus dem göttlichen Willen hervorgegangene Vollkommenheit nicht zu. Können es gar nicht, sonst würden sie nicht vollkommen sein, und das zöge wiederum nach sich, daß auch Gottes Wille, seine Kraft und er selbst nicht vollkommen ist.
Da dies aber ausgeschlossen bleibt, wie jede Wissenschaft in der Schöpfung selbst feststellen kann, so ist es falsch und ein Zweifel an Gottes Vollkommenheit, wenn behauptet werden soll, daß dieses grobstoffliche Fleisch auferstanden und nach vierzig Tagen in eine andere Welt eingegangen sei.
Wenn Fleisch wirklich auferstehen soll, so kann dies nur derart geschehen, daß die mit dem grobstofflichen Körper noch durch eine feinstoffliche Schnur eine Zeitlang verbundene Seele in diesen Körper zurückgerufen wird. (* Vortrag: »Der Tod«) Das ist den natürlichen Gesetzen entsprechend nur so lange möglich, wie diese Schnur besteht. Ist diese Schnur einmal gelöst, so würde eine Auferweckung, also ein Zurückrufen der Seele in den bisherigen grobstofflichen Körper, unmöglich sein!
Auch das unterliegt streng den lückenlosen Naturgesetzen, und sogar Gott selbst vermöchte es nicht, weil es ja gegen seine eigenen vollkommenen Gesetze wäre, gegen seinen vollkommenen Willen, der selbsttätig in der Natur arbeitet. Gerade aus dieser Vollkommenheit heraus würde er auch nie auf einen so unvollkommenen Gedanken kommen können, der nur ein Willkürakt sein müßte.
Hier zeigt sich wieder eine anscheinende Gebundenheit Gottes in dem Schöpfungswerke durch seine lückenlose Vollkommenheit, die in jedem Falle erfüllt werden muß und keine Änderung zuläßt, die aber auch weder beabsichtigt noch notwendig ist. Es ist durchaus kein wirkliches Gebundensein Gottes, sondern es erscheint dem Menschen nur in manchen Dingen als solches, weil er nicht das ganze Geschehen zu überblicken vermag. Und dieses Nicht-überblicken-Können des Ganzen bringt ihn dazu, an sich ganz gut und ehrerbietig gemeint, von seinem Gotte Willkürakte zu erwarten, die scharf gedacht die göttliche Vollkommenheit nur verkleinern müssen.
Das von den Menschen dabei in aller Demut gemeinte Gute wird also in diesem Falle nicht zum ehrfurchtsvollen Emporblicken, sondern zum Herabziehen in die ganz natürliche Beschränkung des menschlichen Geistes.
Die unbedingte Einhaltung der göttlichen Willens- oder Naturgesetze betätigte sich auch bei der Erweckung des Lazarus, wie bei dem Jüngling zu Nain. Diese konnten erweckt werden, weil die Verbindungsschnur mit der Seele noch bestand. Auf den Ruf des Meisters konnte die Seele wieder eins werden mit dem Körper. Dieser aber war dann gezwungen, nach den Naturgesetzen in der grobstofflichen Welt zu verbleiben, bis eine neue Lösung zwischen dem grobstofflichen und dem feinstofflichen Körper kam, die dem letzteren ermöglichte, in das feinstoffliche Jenseits einzugehen, also ein neues, grobstoffliches Absterben erfolgte.
Das Hinübergehen des grobstofflichen Körpers in eine andere Welt ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Wäre der Geist Christi wieder in den grobstofflichen Körper zurückgekehrt, oder hätte er diesen vielleicht gar nicht verlassen, so würde er gezwungen gewesen sein, noch so lange in der Grobstofflichkeit zu bleiben, bis ein neues Absterben erfolgte, nicht anders.
Ein Auferstehen zu einer anderen Welt im Fleische ist vollkommen ausgeschlossen, für die Menschen, wie auch damals für Christus!
Der irdische Leib des Erlösers ging denselben Weg, den jeder andere grobstoffliche Leib zu gehen hat, nach den Naturgesetzen des Schöpfers.
Jesus von Nazareth, der Gottessohn, ist demnach nicht fleischlich auferstanden!
Es wird nun trotz aller Logik und der gerade darin enthaltenen viel größeren Gottesverehrung noch viele geben, die in der Blindheit und Trägheit ihres falschen Glaubens so einfachen Wegen der Wahrheit nicht folgen wollen. So manche wohl auch, die aus eigener Einengung nicht folgen können. Andere wieder, die mit voller Absicht wütend dagegen zu kämpfen versuchen, aus der begründeten Angst heraus, daß damit ihr mühsam errichtetes Gebäude bequemen Glaubens zusammenbrechen muß.
Es kann ihnen nichts nützen, wenn sie sich als Grundlage nur auf die wörtlichen Überlieferungen stützen; denn auch die Jünger waren Menschen. Es ist ja nur rein menschlich, wenn die damals durch alles furchtbare Geschehen stark erregten Jünger bei der Erinnerung in ihre Schilderungen manche eigenen Gedanken mit verwoben, die durch das vorangegangene Erschauen ihnen selbst noch unerklärlicher Wunder so manches anders wiedergaben, als es in Wirklichkeit gewesen war.
Ihre Niederschriften und Erzählungen wurzelten, wie bei der irrtümlichen Verschmelzung des Gottessohnes und des Menschensohnes, mehrfach zu stark in eigenen menschlichen Voraussetzungen, die dann für manche späteren Irrtümer den Grund legten.
Auch wenn ihnen die stärkste geistige Inspiration helfend zur Seite stand, so greifen trotzdem bei der Wiedergabe vorgefaßte eigene Meinungen sehr stark mit ein und trüben oft das bestgewollte und klarste Bild.
Jesus selbst hat aber keine Niederschriften vorgenommen, auf die allein man unbedingt sich streitbar stützen könnte.
Er würde nie etwas gesagt oder geschrieben haben, das sich mit den Gesetzen seines Vaters, den göttlichen Naturgesetzen oder dem schöpferischen Willen, nicht voll und ganz in Einklang stellte. Sagte er doch selbst ausdrücklich:
»Ich bin gekommen, die Gesetze Gottes zu erfüllen!«
Die Gesetze Gottes aber liegen klar in der Natur, die sich allerdings weiter erstreckt als nur auf die Grobstofflichkeit, aber doch auch in der feinstofflichen wie in der wesenhaften und geistigen Welt überall »natürlich« bleibt. Ein Denkender vermag in diesen bedeutungsvollen Worten des Erlösers sicherlich etwas zu finden, das über die verwirrenden Religionsdogmen hinausgeht und einen Weg zeigt denen, die wirklich ernsthaft suchen!
Außerdem aber kann jeder Mensch darüber auch Anhaltspunkte in der Bibel finden; denn Jesus erschien vielen. Was aber geschah? Maria erkannte ihn dabei zuerst nicht, Magdalena erkannte ihn nicht sogleich, die zwei Jünger auf dem Wege nach Emmaus erkannten ihn stundenlang nicht, trotzdem er mit ihnen ging und mit ihnen sprach. ... Was ist daraus zu folgern? Daß es ein anderer Körper sein mußte, den sie sahen, sonst hätten sie ihn alle sofort erkannt! —
Doch bleibe ruhig taub, wer noch nicht hören will, und blind, der zu bequem ist, seine Augen aufzutun!
Der allgemeine Begriff »Auferstehung des Fleisches« findet seine Berechtigung in den irdischen Geburten, die nicht aufhören zu sein, solange es Erdenmenschen gibt. Es ist eine große Verheißung der Zulassung wiederholter Erdenleben, nochmaliger Inkarnationen zum Zwecke schnelleren Fortschrittes und notwendiger Ablösung von Wechselwirkungen niederer Arten, gleichbedeutend mit Sündenvergebung. Ein Beweis der unermeßlichen Liebe des Schöpfers, deren Gnade darin liegt, daß abgeschiedenen Seelen, die ihre Erdenzeit ganz oder zum Teil vergeudeten und deshalb unfertig zum Aufstieg in das Jenseits kamen, nochmals Gelegenheit gegeben wird, sich mit einem neuen grobstofflichen Körper oder Mantel zu umhüllen, wodurch ihr abgelegtes Fleisch in dem neuen Fleische eine Auferstehung feiert. Die schon hinübergegangene Seele erlebt damit eine neue Auferstehung im Fleische!
Welcher Segen in dieser sich dauernd wiederholenden Erfüllung einer so hohen Gnade ruht, vermag der nicht alles überschauende Menschengeist erst später zu erfassen!
Wenn von Menschensinn und Menschenanschauung gesprochen werden soll, dem auch das irdische Gericht verbunden ist, so darf nicht erwartet werden, daß dies gleichbedeutend ist mit göttlicher Gerechtigkeit oder dieser auch nur nahekommt. Es muß im Gegenteil leider gesagt werden, daß in den meisten Fällen darin sogar ein himmelweiter Unterschied besteht. Bei dieser Gegenüberstellung ist der volkstümliche Ausdruck »himmelweit« im wahrsten Sinne angebracht.
Dieser Unterschied würde sich oft mit dem an Raum und Zeit begrenzten Verstand der Menschheit erklären lassen, der in seiner Beschränktheit nicht vermag, das eigentliche Unrecht zu erkennen und vom Rechte zu scheiden, da dieses selten durch Äußerlichkeiten klar zu erkennen ist, sondern lediglich im Innersten eines jeden Menschen liegt, zu dessen Beurteilung starre Gesetzesparagraphen und Schulweisheit nicht ausreichen. Betrübend aber ist es, daß deshalb so manche Beurteilungen des irdischen Gerichtes der göttlichen Gerechtigkeit direkt entgegenstehen müssen.
Es soll nicht von den Zeiten des Mittelalters gesprochen werden, nicht von den traurigen Zeiten der qualvollen Folterungen, sowie der sogenannten Hexenverbrennungen und anderer Verbrechen der Justiz. Ebensowenig sollen die zahlreichen Verbrennungen berührt werden, das Foltern und Morden, welche auf das Schuldkonto der religiösen Gemeinschaften fallen und in ihren Wechselwirkungen die Ausübenden doppelt furchtbar treffen müssen, weil sie den Namen des vollkommenen Gottes dabei mißbrauchten, in seinem Namen alle diese Verbrechen ausführten, als angeblich ihm wohlgefällig, und damit ihn vor den Menschen als den dafür Verantwortlichen stempelten.
Mißbräuche und Greuel, die nicht so schnell vergessen werden dürften, sondern die man immer wieder auch bei heutigen Beurteilungen sich warnend ins Gedächtnis rufen sollte, namentlich da die damals Ausübenden diese Übergriffe mit dem Anschein des vollen Rechtes und besten Glaubens eifrig durchführten.
Vieles ist anders geworden. Und doch wird selbstverständlich auch die Zeit kommen, in der man auf die heutige Rechtspflege mit ähnlichem Schauder zurückblickt, wie wir heute auf die oben erwähnten Zeiten schauen, die nach unserer jetzigen Erkenntnis soviel Unrecht in sich tragen. Das ist der Lauf der Welt und ein gewisser Fortschritt.
Tiefer geschaut aber liegt der anscheinend große Fortschritt zwischen dem Damals und dem Heute lediglich in den äußeren Formen. Die in so manches Menschen ganzes Sein tief einschneidende Allgewalt des einzelnen ohne persönliche Verantwortung für diesen auf der Erde ist vielfach immer noch dieselbe. Auch die Menschen selbst und deren Triebfedern zu ihrem Handeln haben sich nicht sehr geändert. Und wo das Innenleben noch dasselbe ist, sind auch die Wechselwirkungen die gleichen, welche das göttliche Gericht in sich tragen.
Wenn die Menschheit darin plötzlich sehend würde, könnte nur ein einziger Verzweiflungsschrei die Folge sein. Ein Grauen, das sich über alle Völker legt. Nicht einer würde seine Hand mit Vorwurf gegen seinen Nächsten heben, da jeder einzelne in irgendeiner Art die gleiche Schuld auch auf sich lasten fühlen müßte. Er hat kein Recht, dem anderen darin vorwurfsvoll zu begegnen, da bisher jeder irrend nur nach Äußerlichkeit urteilte und alles eigentliche Leben übersah.
Viele würden an sich selbst verzweifeln bei dem ersten Lichtstrahle, wenn dieser ohne Vorbereitung in sie dringen könnte, während andere, die sich bisher nie Zeit zum Nachdenken genommen haben, maßlose Erbitterung empfinden müßten darüber, daß sie so lange schliefen.
Darum ist nun die Anregung zum ruhigen Nachdenken angebracht und zur Entwicklung der eigenen gerechten Urteilsfähigkeit, die jede blinde Anlehnung an fremde Ansichten zurückweist und nur nach eigenem Empfinden aufnimmt, denkt, spricht und handelt!
Nie darf der Mensch vergessen, daß er ganz allein alles das voll und ganz zu verantworten hat, was er empfindet, denkt und tut, auch wenn er es bedingungslos von anderen übernommen hat!
Wohl dem, der diese Höhe erreicht und jedem Urteile prüfend entgegentritt, um dann nach seinen eigenen Empfindungen zu handeln. Er macht sich so nicht mitschuldig wie Tausende, die oft nur aus Gedankenlosigkeit und Sensationslust durch Vorurteil und Nachrede schweres Karma auf sich laden, das sie in Gebiete führt, deren Leid und Schmerzen sie niemals hätten kennenzulernen brauchen. Sie lassen sich dadurch auch schon auf Erden oft von vielem wirklich Guten abhalten und versäumen damit nicht nur viel für sich selbst, sondern setzen vielleicht alles damit aufs Spiel, ihr ganzes Sein.
So war es bei dem auflodernden, sinnlosen Haß gegen Jesus von Nazareth, dessen eigentlichen Grund nur wenige der böswilligen Schreier kannten, während alle anderen sich einfach in einen vollkommen unwissenden blinden Eifer hineinarbeiteten, mitschrieen, ohne selbst je mit Jesus persönlich zusammengekommen zu sein. Nicht minder verloren sind auch alle die, die sich auf Grund falscher Ansichten anderer von ihm wandten und seine Worte nicht einmal anhörten, noch viel weniger sich die Mühe einer sachlichen Prüfung nahmen, wobei sie schließlich doch noch den Wert hätten erkennen können.
Nur so konnte die wahnsinnige Tragödie reifen, die ausgerechnet den Gottessohn wegen Gotteslästerung unter Anklage stellte und an das Kreuz brachte! Den Einzigen, der selbst direkt von Gott kam und ihnen die Wahrheit über Gott und seinen Willen kündete!
Der Vorgang ist so grotesk, daß sich darin in greller Deutlichkeit die ganze Beschränktheit der Menschen zeigt.
Und die Menschheit ist von da bis heute nicht etwa innerlich vorgeschritten, sondern gerade darin trotz aller sonstigen Entdeckungen und Erfindungen noch weiter zurückgegangen.
Vorgeschritten ist allein durch die äußeren Erfolge der damit auch mehr wissenwollende Dünkel, den gerade die Beschränktheit zeugt und großzieht, der ja eigentlich das ausgesprochene Zeichen der Beschränktheit ist.
Und diesem seit zwei Jahrtausenden immer fruchtbarer gewordenen Boden sind die jetzigen Menschheitsanschauungen entsprossen, die ausschlaggebend und verheerend wirken, während die Menschen selbst ahnungslos sich immer mehr darein verstricken, zu ihrem eigenen entsetzlichen Verhängnis.
Wer sich da alles durch falsche Anschauungen oft in gutem Glauben üble Auswirkungen einer Wechselströmung zuzieht, also gegen göttliche Gesetze verstößt, ist bisher selten jemand klargeworden. Die Zahl ist groß, und viele sind in ahnungsloser Hoffart sogar stolz darauf, bis sie dereinst in qualvollem Entsetzen die Wahrheit schauen müssen, die so ganz anders ist, als ihre Überzeugung sie sich denken ließ.
Dann ist es allerdings zu spät. Die Schuld, die sie sich aufgebürdet haben, muß gesühnt werden in oft jahrzehntelangem, mühseligem Ringen mit sich selbst.
Der Weg ist weit und schwer bis zur Erkenntnis, sobald ein Mensch die günstige Gelegenheit des Erdenseins versäumte und sich dabei sogar gewollt oder durch Unkenntnis noch neue Schuld auflud.
Entschuldigungen fallen dabei niemals ins Gewicht. Ein jeder kann es wissen, wenn er will!
Wen es darnach drängt, einmal in dem Gange der Wechselwirkungen die göttliche Gerechtigkeit zum Unterschied irdischer Anschauungen zu erkennen, der bemühe sich, irgendein Beispiel aus dem Erdenleben daraufhin anzusehen und dabei zu prüfen, auf welchen Seiten wirklich Recht und Unrecht liegen. Es fallen ihm täglich viele zu.
Bald wird sich seine eigene Empfindungsfähigkeit stärker und lebendiger entfalten, um zuletzt alle gelernten Vorurteile mangelhafter Anschauungen abzuwerfen. Damit ersteht ein Gerechtigkeitsempfinden, das sich auf sich selbst verlassen kann, weil es im Erkennen aller Wechselwirkungen den Gotteswillen aufnimmt, darin steht und wirkt.
